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Lausitzer Rundschau: Helmut Schmidt feiert seinen 90.
Der Erste der Bürger

Cottbus (ots)

Mit der Milde des Blicks weit zurück lässt sich
unendlich viel Gutes sagen über diesen Hamburger Sozialdemokraten 
Helmut Schmidt, der wie kein anderer der Lebenden die Geschichte der 
Bundesrepublik verkörpert. Da darf ein jeder mitloben, mitfeiern, 
obwohl der frühere Bundeskanzler doch zu jeder Zeit auch ein Mann der
Kontroversen war und geblieben ist.
Tatsächlich taugt Schmidt-Schnauze, wie er seiner scharfen Polemik 
wegen manchmal genannt wurde, aber weniger als Objekt pathetischer 
Würdigung, sondern vielmehr als kritische Messlatte für Anspruch und 
Wirklichkeit. Er ist trotz all dem autoritären Gehabe, das ihm nicht 
fremd ist, nach den Erfahrungen des nationalsozialistischen 
Schreckens ein überzeugter und überzeugender Demokrat geworden - als 
Bundeskanzler der Erste unter den Bürgern. Er hat verstanden, dass in
der Demokratie die hohen Ämter zuvorderst Verpflichtung sind. Damit 
verkörpert er die besten Traditionen der Freien und Hansestadt 
Hamburg, die reich wurde ihrer Weltoffenheit wegen und in Schutt und 
Asche versank, als sich Deutschland anschickte, in verbrecherischer 
Überheblichkeit alle Grenzen zu missachten. Schmidt ist Vorbild, weil
er öffentliche Ämter in solcher stolzen Hanseatentradition als Dienst
begreift. Und klar war auch, dass er sich weigerte, dafür Orden ans 
Revers geheftet zu bekommen.
Zu den denkwürdigen Momenten seiner achtjährigen Kanzlerschaft 
gehörte im Jahr 1981 ein Besuch des Weihnachtsmarktes im 
mecklenburgischen Güstrow zusammen mit dem DDR-Chef Erich Honecker. 
Eingerahmt von Hundertschaften der Staatssicherheit wurde der 
Bundeskanzler zum Komparsen eines Schmierenstücks, das erahnen ließ, 
wohin die Reise gehen würde im Osten. Schmidt hat damals wenig gesagt
dazu, dann aber immer energischer die Aufrüstung der Nato gefordert, 
die ihren Anteil hatte am Kollaps des Sowjetimperiums. Die SPD, seine
Partei, die ihn heute feiert, wollte da nicht mittun, und der Partner
FDP sah seine Chance zum Wechsel zu Helmut Kohl. Der Erste der Bürger
ging in atemberaubender Würde und begann zu schreiben.

Pressekontakt:

Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481231
Fax: 0355/481247
lr@lr-online.de

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