Lausitzer Rundschau: Auf dem Rücken der Verlierer Die Koalition und ihre politischen Baustellen
Cottbus (ots)
Vertagen, blockieren, beerdigen. In der Großen Koalition geht kaum noch etwas. Bei den Jobcentern droht Chaos, weil die Union eine höchst richterlich gebotene Verwaltungsreform blockiert. Im Kampf gegen die Steueroasen ist Schwarz-Rot ebenfalls gespalten. Und auch das Schicksal von Opel wächst sich immer mehr zum Glaubenskonflikt in der Regierung aus. Die Liste der politischen Baustellen lässt sich noch mit dem Zoff beim Mindestlohn ergänzen. Das ist besonders ärgerlich, denn die Zeitarbeiter gehören zu den großen Verlierern dieser Tage. Im vergangenen Jahr auf dem Höhepunkt des Booms zählte die Branche noch etwa 800.000.Mitarbeiter. Heute sind es schon 150.000 weniger. Leiharbeiter gehören zu den ersten Entlassungskandidaten der großen Unternehmen. Das zeigt sich besonders in der krisengebeutelten Automobilindustrie. Nun trägt die Große Koalition auch noch ihren Mindestlohnstreit auf dem Rücken der Leiharbeiter aus. Die Union hat nie etwas von Lohnuntergrenzen gehalten. Die SPD würde am liebsten die gesamte Volkswirtschaft darin einbeziehen. So wird die Leiharbeit zur Projektionsfläche für einen ordnungspolitischen Grundsatzstreit. Ursprünglich war die SPD mit ihrer Position "Guter Lohn für gute Arbeit" im Vorteil. Ob sie aber jetzt noch damit punkten kann, ist fraglich. In wirtschaftlich unsicheren Zeiten steht die Erhaltung von Jobs im Mittelpunkt. Vor diesem Hintergrund ist der Mindestlohn nicht mehr unbedingt ein Wahlkampfknüller. Bei der SPD scheint man allerdings noch fest ans Gegenteil zu glauben. Ansonsten wäre das Thema schon von der politischen Agenda verschwunden. Die Union hatte dem Druck der SPD nämlich nachgegeben und sich auf branchenspezifische Lohnuntergrenzen eingelassen. Das war ein politischer Erfolg für die Genossen. Jetzt sollten sie der Union nachgeben und bei den Zeitarbeitern den vorhandenen Tarifvertrag mit der niedrigsten Lohnuntergrenze für allgemeinverbindlich erklären. Denn bei näherer Betrachtung liegen die Vorstellungen beider Seiten gar nicht mehr so weit auseinander. Und für jene Zeitarbeiter, die mittels Haustarifverträgen gerade einmal zwischen vier und fünf Euro pro Stunde verdienen, wäre der Unionsvorschlag ein riesiger Fortschritt. Als Wahlkampfthema der SPD taugt der Streit um ein paar Cent mehr jedenfalls nicht. Das gilt übrigens auch für die meisten anderen politischen Baustellen.
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