Lausitzer Rundschau: 15 Jahre nach dem Völkermord in Ruanda
Cottbus (ots)
Völkermord schien eine Sache der Vergangenheit zu sein nach den Verbrechen des nationalsozialistischen Deutschlands an Europas Juden. Bis vor 15 Jahren dieses sich über Wochen hinziehende Massaker an der als Tutsi bezeichneten Bevölkerungsminderheit in Ruanda stattfand - ein Grauen ohnegleichen vor den Augen der Weltöffentlichkeit, auf das weder die USA noch die Europäer reagierten. Dabei wäre mit relativ geringen militärischen Mitteln sehr wohl der Mord an Hunderttausenden zu verhindern gewesen. Das schreckliche Geschehen wurde damals nur als eine Art Stammeskrieg einer wenig zivilisierten Gesellschaft wahrgenommen. Tatsächlich war es dies keinesfalls. Die einstigen Kolonialmächte der Region, insbesondere Belgien und Frankreich, spielten eine entscheidende Rolle bei der ethischen Einteilung und der Spaltung Ruandas. Die Belgier zementierten 1934 mit neuen Ausweisen die relativ willkürliche Einteilung in Hutu und Tutsi. Im Vorfeld der Massaker hatte Frankreich Ruanda zunehmend als Teil seiner Einflusszone in Afrika begriffen und trug dazu bei, den Konflikt zu schüren. Der Völkermord an den Tutsi hatte fast ausschließlich in den USA nachhaltige Wirkung und beeinflusst beispielsweise die Diskussion um das Eingreifen im Sudan. Der frühere US-Präsident Bill Clinton hat etwas von der Schuld eingestanden, die er mit seiner abwartenden Politik auf sich lud. In Europa ist bis heute eine gründliche Untersuchung insbesondere der Aktivitäten der französischen Regierung im Vorfeld des Massakers unterblieben. Für Afrika ist das schreckliche Geschehen das letzte Kapitel der Kolonialzeit, eine Bankrotterklärung des weißen Mannes, seiner Missionare und seiner Moral. Ohne Zweifel kommt diese Beurteilung der Wahrheit näher als die Legende von den blutrünstigen Wilden, die sich wechselseitig bestialisch ermorden.
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