Lausitzer Rundschau: Milchgipfel mit Agrarministerin Ilse Aigner
Warme Worte
Cottbus (ots)
Runder Tisch hat Agrarministerin Ilse Aigner ihr Treffen am gestrigen Dienstag mit der Lebensmittelwirtschaft und den Einzelhandelsverbänden genannt. Das Wort "Gipfel" fürchtet die CSU-Politikerin inzwischen wie der Bauer den Hagelschlag. Da hat Aigner aus dem vergangenen Jahr gelernt, als ihr Vorgänger und jetziger Parteichef Horst Seehofer einen Milchgipfel nach dem anderen veranstaltete, aber am Ende für die Erzeuger lediglich warme Worte übrig blieben. Aigner weiß, dass sie die meisten Forderungen nicht erfüllen kann. Denn ein großer Teil der Entscheidungen für die Landwirtschaft und die Lebensmittelbranche wird nicht in Berlin gefällt, sondern in Brüssel: Kein europäischer Bereich ist so "vergemeinschaftet" worden wie die Agrarpolitik. Einen nationalen Spielraum gibt es kaum noch, was derzeit die Milchbauern im besonderen Maße zu spüren bekommen. Das kann man kritisieren, aber man muss es wohl oder übel akzeptieren. Ähnlich ist es im übrigen Lebensmittelbereich: Die EU-Bürokraten unterwerfen inzwischen fast alles ihrer Richtlinienwut - vom legendären, zum Glück abgeschafften Krümmungsgrad der Gurke über die Zutaten fürs Brot bis hin zur Frage, wie dick eine Soße eigentlich sein darf. Weniger Europa wäre bestimmt mehr. Dass die großen Lebensmittelkonzerne da keine Verantwortung verspüren, die Belange der leidgeprüften lokalen Erzeuger auch noch zu berücksichtigen, muss nicht verwundern. Und der Konkurrenzkampf mit Billigprodukten verschlimmert die Situation vieler Landwirte noch. Eine deutsche Ministerin könnte nur durch starkes Auftreten in Brüssel dagegenhalten, wenn um Quoten, Subventionen oder Lebensmittelvorgaben gefeilscht wird. Immer häufiger blitzt Aigner allerdings bei der EU ab. In Brüssel wie in Berlin weiß man inzwischen wohl: Die Landwirtschaftsministerin darf im Amt zwar eine nette Figur machen, doch wo es lang geht, wird in München bestimmt. Aigners Zustimmung zum Anbau der Gen-Kartoffel Amflora gegen den Willen der CSU-Spitze ist lediglich der Versuch gewesen, sich einmal der Seehoferschen Gängelung zu widersetzen. Der Runde Tisch steht hingegen für ihre Machtlosigkeit: Er wurde der Ministerin von Seehofer aufgedrückt, der mit Blick auf die Europawahl im Juni erneut kalkuliert, dass sich ein besonderes Engagement für die Landwirte auch in Stimmen auszahlen wird. Diese Rechnung ist jedoch schon im vergangenen Jahr vor der Landtagswahl in Bayern nicht aufgegangen. Und auch diesmal könnte sich der CSU-Chef verspekuliert haben: Aigner hat den Bauern nichts Neues anbieten können oder dürfen. Und symbolische Treffen beeindrucken auch den bayerischen Wähler schon lange nicht mehr.
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