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Lausitzer Rundschau: Vor 20.Jahren öffnete Ungarn den Eisernen Vorhang

Cottbus (ots)

Es sind Bilder, die vielen heute noch eine
Gänsehaut über den Rücken jagen. Menschen, die mit nicht viel mehr 
als dem, was sie am Leibe tragen, über eine Wiese im Grenzgebiet 
zwischen Ungarn und Österreich rennen. Die auf engstem Raum 
zusammengedrängt in provisorischen Lagern auf ihre Ausreise warten. 
Der Moment, als in der Rede von Hans-Dietrich Genscher auf dem Balkon
der Prager Botschaft das Wort Ausreise in einem einzigen 
Freudenschrei untergeht.
Zehntausende Menschen in der DDR waren im Sommer 1989 bereit, alles 
aufzugeben, um in der Bundesrepublik zu leben. Gewiss waren die 
individuellen Gründe dafür so verschieden wie Menschen nun mal sind. 
Mancher wollte vielleicht wirklich nur ein materiell besseres Leben. 
Meinungs- und Reisefreiheit waren ihm egal. Doch auch das gehört zu 
dem Begriff, der sich wie ein roter Faden durch die Fluchtwelle 
zieht: Freiheit.
Es ging im Sommer vor 20.Jahren um dieses elementare Menschenrecht, 
selbst zu bestimmen, wie man leben möchte. Vielleicht wussten viele 
DDR-Flüchtlinge nicht genau, was sie im Westen suchten, doch sie 
wussten, was sie nicht mehr wollten: ein reglementiertes, 
vorbestimmtes Leben, in dem andere entschieden, was für den Einzelnen
gut oder schlecht war. Ein Leben in lebenslanger Unmündigkeit. Nicht 
jeder DDR-Flüchtling hat im Westen das Glück gefunden, das er sich 
erhoffte. Und mancher, der im Osten blieb, ist heute enttäuscht über 
die Entwicklung nach dem Mauerfall. Was nützt mir die Freiheit, wenn 
ich keine Arbeit habe und kein Geld, so ein immer wieder geäußerter 
Satz.
Das Leben in einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft ist keine
Glücksgarantie für alle. Aber es bietet jedem die Gelegenheit, ganz 
nach seiner Fasson und seinen individuellen Fähigkeiten sein Leben 
einzurichten. Dazu gehören jedoch auch die Gefahr des Scheiterns und 
das Recht, sich jedem Leistungsgedanken zu verweigern.
Doch allein die Chance, seine Träume und Wünsche verwirklichen zu 
können, das treibt die Menschen an. Und diese Träume und Wünsche 
lassen sich nicht normieren oder in das Korsett eines angeblich guten
Zweckes wie den einer gerechteren Gesellschaftsordnung pressen.
Daran erinnern uns die Bilder aus Budapest und Prag vor 20.Jahren. 
Die damals gewonnene Freiheit löst nicht alle Probleme. Sie gibt uns 
aber die Gelegenheit, es zu versuchen.

Pressekontakt:

Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481232
Fax: 0355/481275
politik@lr-online.de

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