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Lausitzer Rundschau: Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus tritt ab
Spätfolgen eines Unfalls

Cottbus (ots)

Das Schicksal des Dieter Althaus gehört zu den
großen Politiker-Dramen in Deutschland. Vielleicht war der Rücktritt 
eine Notbremse, die gerade noch rechtzeitig betätigt wurde, ehe es 
sich zur Tragödie weiter entwickeln konnte. Wer Dieter Althaus 
gesehen hat, vor und nach dem Skiunfall, musste schon bald zu dem 
Schluss kommen, dass dieser Mann als Ministerpräsident keine Chance 
mehr hatte. Nicht mehr seit jenem Moment am 1. Januar 2009, als er in
Österreich auf einer Skipiste aus Gründen, die niemand kennt, mit 
einer jungen Mutter zusammenstieß und diese dabei tötete. Jeder 
Mensch wäre von einem solchen Schicksalsschlag schwer getroffen, 
zumal, wenn er sich, wie Althaus, nicht an den Vorfall erinnern kann.
Jeder hätte sich mit Gewissensbissen, mit schlaflosen Nächten, mit 
schweren psychischen Folgen geplagt, über viele Jahre hinweg. 
Privatsache. Althaus aber ist der erste Mann seines Landes. Seine 
Persönlichkeit ist sein Kapital. Seine gute Laune, seine Jovialität, 
seine Souveränität. Er hat diese Eigenschaften, als er nach der 
Rekonvaleszenz zurückkehrte ins Amt, sofort wieder zur Schau 
gestellt. Ganz wie früher. Aber geht "Ganz wie früher", wenn man real
nicht mehr ist wie früher? Wie zeigt man sein Innerstes und verbirgt 
es zugleich? Wie gibt man sich verändert und doch als der Alte? 
Althaus begann, sich künstlich zu verhalten, taktisch. Also falsch. 
Und seit dem Versuch, den Schicksalsschlag in einem Interview für 
sich zu instrumentalisieren, hatte Althaus seine Glaubwürdigkeit 
verloren. Der ohnehin umstrittene Ministerpräsident war endgültig zum
größten Hindernis für eine mögliche Koalition zwischen der Union und 
der SPD geworden, die sich an das Versprechen gehalten hatte, den 
Unfall aus dem Wahlkampf herauszuhalten. Durch Althaus' Rücktritt, zu
dem offenbar eine gehörige Portion Druck aus den eigenen Reihen 
beigetragen hat, hat die SPD dieses Argument nun verloren und muss 
sich in Thüringen der unangenehmen Entscheidung stellen, ob sie 
Juniorpartner der Union oder der Linken werden will. Das ist ein 
Schachzug im Koalitionspoker. Für Dieter Althaus und sein weiteres 
Leben kann die Geschichte immer noch gut ausgehen, wenn er die 
Ereignisse als das nimmt, was sie sind: Als Schicksal, das er 
akzeptieren muss. Am ehesten zu vergleichen ist sein Fall mit dem 
kürzlich verstorbenen Edward Kennedy, der 1969 offenbar unter 
Alkoholeinfluss einen schweren Unfall verursachte, bei dem eine junge
Frau starb. Kennedy wurde zu einer Bewährungsstrafe verurteilt und 
lehnte danach lange eine Präsidentschaftskandidatur für die 
Demokraten ab. 1980 versuchte er es, scheiterte aber früh. Weil er 
sich letztlich mit einer Rolle in der zweiten Reihe der Politik 
begnügte, wurde er dennoch einer der am meisten geachteten Senatoren 
in Washington. Und wirkte mit sich im Reinen.

Pressekontakt:

Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481232
Fax: 0355/481275
politik@lr-online.de

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