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Lausitzer Rundschau: Schmalspur-Europa Zu den Personalentscheidungen des EU-Gipfels

Cottbus (ots)

Man muss schon ein unverbesserlicher Optimist
sein, will man der Nominierung des belgischen Premiers Van Rompuy und
der englischen Politikerin Ashton etwas Positives abgewinnen. Die 
bewusste Entscheidung für zwei bislang weitgehend profillose Personen
schwächt zunächst einmal die Institutionen, die sie vertreten sollen.
Damit wird dann genau das Gegenteil von dem erreicht, was mit der 
Einführung eines ständigen Ratspräsidenten und einer für die 
Außenpolitik der Union zuständigen Kommissarin beabsichtigt war. Mit 
erstaunlicher Schnelligkeit und ganz im Stile von Kungelrunden 
einigte man sich zuerst darauf, dass das 
christdemokratisch-konservative Lager den Präsidenten, die 
sozialdemokratische Fraktion das Außenkommissariat besetzen sollte. 
Und dann wurde jeweils in den eigenen Reihen nach jeweils 
unterschiedlichen Kriterien gekürt. In beiden Fällen spielten die 
deutschen Akteure dabei eine herausragende Rolle - nicht zuletzt 
deswegen, weil die Bundesrepublik schon weit im Vorfeld auf Ansprüche
verzichtet hatte. Angela Merkel hat sich dann für einen Mann 
entschieden, dessen Ambitionen nicht erkennbar sind. Diese 
offenkundige Bescheidenheit eines Belgiers, der sich gedanklich schon
auf den Ruhestand vorbereitet hatte, kam der Kanzlerin überaus 
zupasse. Sie und Frankreichs Staatspräsident Sarkozy bestimmen 
weiterhin das Geschehen. Die Wahl des Herman van Rompuy ist also eine
besonders perfide Art des Unterlaufens des Geistes des Vertrags von 
Lissabon. Merkel hat damit erneut bewiesen, wie wenig sie von den 
Notwendigkeiten der weiteren europäischen Integration versteht. Sie 
fremdelt in erstaunlichem Ausmaß mit dem gesamten Prozess, begreift 
ihn in erster Linie als Bedrohung ihrer eigenen Machtbasis und nicht 
- wie etwa Kohl und Adenauer - als unerlässlichen Kern deutscher 
Politik. Die Sozialdemokraten dagegen haben erneut eine Chance 
ausgelassen, der Misere zu entkommen, in der sie in vielen 
europäischen Staaten stecken. Das bedeutsame Amt des 
Außenbeauftragten, verbunden mit einem großen Apparat, war eine der 
seltenen Chancen, sich zu profilieren. Offenbar aber war man schon 
früh darauf festgelegt, den britischen Genossen die Freiheit zu 
lassen. Und so kann jetzt der glücklose Labour-Premier noch schnell 
einen hochdotierten Posten besetzen, bevor ihn in wenigen Monaten der
Wähler aus dem Amt jagt. Mit einem starken Europa hat diese Wahl 
nichts zu tun. Die beiden ersten Amtsinhaber sind ihrerseits zunächst
damit beschäftigt, an Statur zu gewinnen. Für Europas Bürger beginnt 
ein mühsamer Prozess des Kennenlernens und Zweifels an der 
Ernsthaftigkeit der Treueschwüre zum weiteren Ausbau der europäischen
Institutionen.

Pressekontakt:

Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481232
Fax: 0355/481275
politik@lr-online.de

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