Lausitzer Rundschau: Eine kleine Revolution Minister Niebel reformiert die Entwicklungshilfe
Cottbus (ots)
Eines steht fest: Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel hatte keinen segensreichen Start. Der vor der Wahl mit Inbrunst verkündete liberale Plan, das Ministerium abschaffen zu wollen, hängt Niebel heute noch an. Und der unschöne Ruf, sich um das Geschwätz von gestern nicht mehr zu kümmern, wenn man selbst ins Ministerbüro einziehen darf, gleich mit. Außerdem wird dem Barett-Träger nachgesagt, dass er sein Ressort als Tummel- und Versorgungsplatz für Parteifreunde benutzt. Das sind wahrlich keine guten Voraussetzungen, um als Minister in der Sache zu punkten. Umso mehr muss man Niebel Anerkennung zollen. Der FDP-Mann versucht das, was Experten wie die des Bundesrechnungshofes seit vielen Jahren fordern: Künftig soll es eine neue bundeseigene Entwicklungsgesellschaft geben, in der die drei größten und wichtigsten Organisationen mit Tausenden von Mitarbeitern und einem Milliarden-Etat verschmolzen werden. Dieser am Mittwoch im Kabinett vorgestellte Plan kommt einer kleinen Revolution nahe. Denn in keinem anderen Land ist das Institutionen-Wirrwarr seit Jahrzehnten so groß und sind die einhergehenden Effizienzverluste so eklatant. Mittlerweile sind in nahezu allen Bereichen von Gesundheit über nachhaltigen Tourismus bis zur Wasseraufbereitung alle Organisationen parallel tätig. Ein erheblicher Teil des Geldes wird somit nicht für dringend erforderliche Projekthilfen in den Partnerländern ausgegeben, sondern vergeudet für doppelte Planungsstäbe, Verwaltungen und Außenstrukturen. Ein Anfang, dies zu ändern, ist jetzt gemacht. Als zweiten Schritt muss der Minister aber ebenso die finanzielle Zusammenarbeit durch die KfW-Entwicklungsbank ins Visier nehmen. Niebel ist aus seiner Zeit als FDP-Generalsekretär dafür bekannt, dass er mit Widerständen keine Probleme hat. Insofern könnte er der richtige Mann für die Reformaufgabe sein. Denn man darf nicht vergessen: Die Organisationen haben in den vergangenen Jahren auch ein machtvolles Eigenleben entwickelt, das dazu diente, eigene Interessen durchzusetzen und Einfluss auf die deutsche Entwicklungsagenda zu nehmen. Nicht immer nur im Dienst der guten Sache. Niebels Plan, die "Steuerungskompetenz" seines Hauses zu erhöhen, lässt deshalb aufhorchen. Aber freilich lauern Risiken, die auch mit dem Naturell des neuen Ministers zu tun haben, der sich leicht selbst überschätzt: Entwicklungsarbeit kann vielfach auch nur dann erfolgreich sein, wenn sie nicht streng am Gängelband einer Ministerialbürokratie hängt. Den Mittelweg in der Frage von Kompetenzen und Verantwortlichkeiten zu finden, das ist deshalb die Kunst, die Niebel vollbringen muss.
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