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Lausitzer Rundschau: Pietät gegen Wahrheit Debatte um Beisetzung von Präsident Kaczynski

Cottbus (ots)

Bis zum Ablauf der Staatstrauer am Sonntag um
Mitternacht verbietet es die Pietät, den Präsidenten und seine 
Amtsführung zu kritisieren. Dennoch haben nun knapp 
500Krakauer dieses Pietätsgebot gebrochen und gegen die 
Beisetzung von Lech Kaczynski in der alten Königsresidenz 
demonstriert. Sie haben recht. Nicht nur, weil noch nie ein Präsident
der Republik Polen in der alten Königsresidenz beigesetzt wurde und 
deren Platz in der Hauptstadt Warschau ist, sondern weil die 
Untersuchung des Unfallhergangs noch nicht abgeschlossen ist.
Zwar liegt der Bordschreiber aus der Passagierkabine mit der 
Aufzeichnung der Gespräche der polnischen Regierung bereits vor. Sein
Protokoll wurde aber bislang nicht veröffentlicht. Dabei mehren sich 
die Anzeichen, dass die Piloten der Unglücksmaschine die vier 
Landeversuche nicht auf eigene Verantwortung ausgeführt haben. Schon 
vor dem Abflug in Warschau wussten sie, dass der dichte Nebel in 
Smolensk eine Landung dieser großen Maschine unmöglich machen würde. 
Als sie über Weißrussland flogen, erhielten sie die nächste 
Wetterwarnung für Smolensk. Sie hätten in Minsk sicher landen können.
Kaczynski hätte dann mit der gesamten Delegation über die Autobahn 
nach Smolensk brausen können. Dort hätten auch alle auf sie gewartet.
Verantwortungsvolle Piloten - und als solche gelten die polnischen 
Piloten gemeinhin - wären in Minsk gelandet. Diejenigen der 
Unglücksmaschine aber sind durchgeflogen. Obwohl sie dort nochmals 
gewarnt wurden, setzten sie zum Landeanflug an. Die 
Wahrscheinlichkeit, dass sie dies aufgrund eines Befehls getan haben,
ist hoch. Als Befehlsgeber kommen Lech Kaczynski als der oberste 
Befehlshaber Polens in-frage, aber auch einer der Generäle an Bord 
oder aber der Generalstabschef der polnischen Armee selbst, der 
ebenfalls in der Maschine saß.
Solange aber nicht klar ist, wer den letztlich tödlichen Befehl zur 
Landung in Smolensk gegeben hat, sollte die Entscheidung über die 
endgültige Ruhestätte des Präsidentenpaares ausgesetzt werden. Schon 
gar nicht sollte es die Königsgruft im Wawel sein, wo Polens Könige, 
Nationaldichter und Heilige bestattet sind.
Anders als Kardinal Stanislaw Dziwisz, der als Hausherr der 
Wawel-Kathedrale die Entscheidung gegenüber der Presse rechtfertigte,
starb Kaczynski nicht als Nationalheld Polens, sondern bei einem 
Verkehrsunfall. Sicher ist das auch furchtbar und tragisch, aber ein 
"Heldentod" war dies sicherlich nicht.

Pressekontakt:

Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481232
Fax: 0355/481275
politik@lr-online.de

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