Lausitzer Rundschau: Begrenzt handlungsfähig Deutsche und Polen in der Grenzregion
Cottbus (ots)
Streit unter Nachbarn ist etwas ganz Alltägliches. Deutsche Gerichte können davon ein Lied singen, sie ächzen unter der Klagewut der Bürger. Ist das Nachbarschaftsverhältnis schließlich komplett zerrüttet, hilft nur noch der Wegzug. Auch zwischen Deutschen und Polen gibt es immer wieder Knatsch und Missverständnisse. Doch der muss ausgehalten werden - Umzug ausgeschlossen. Während es für die Streithähne am Gartenzaun von Kleinkleckersdorf gemeinsame Gerichtsbarkeiten und Strafverfolgungsbehörden gibt, fühlen sich Deutsche und Polen an der Grenze bei der Bewältigung ihrer Probleme auf sich allein gestellt. Das gilt nicht nur für die Beilegung von Konflikten, sondern auch bei der Gestaltung der gemeinsamen Zukunft. Um die Befindlichkeiten und Sorgen des Gegenübers jenseits der Grenze zu erkennen, müssen die Nachbarn miteinander reden. Darüber, wie die Sicherheit gewährleistet werden kann, wie gemeinsame Potenziale in der wirtschaftlichen Zusammenarbeit erschlossen werden können. Und darüber, was wir eigentlich voneinander denken. Ein zielgerichteter und regelmäßiger Gedankenaustausch mit Bürgern und Entscheidungsträgern beider Seiten ist notwendig, statt ständig übereinander muss mehr miteinander geredet werden. Die Grenzstädte Guben und Gubin haben in diesem Bereich positive Erfahrungen gemacht. Im Rahmen eines IBA-Projektes haben sich vor allem ältere Menschen aus beiden Städten in einem Zeitraum von zwei Jahren in 15 Hörkreisen einander ihre Sorgen und unterschiedlichen Wahrnehmungen mitgeteilt. "Die Teilnehmer mussten einander ausreden lassen", so der Projektleiter Jürg Montalta, der sich damals eine Ausweitung dieser Hörkreise entlang der gesamten Grenze wünschte. Beim Zuhören entstehe Verständnis für die Situation des anderen, so Montalta. Ein interessantes Konzept. Würden sich diesen Hörkreisen Kommunalpolitiker, Polizei und Unternehmer beider Länder anschließen, ließen sich bestimmt Ansätze für eine bessere Kooperation finden. Doch es hat den Anschein, dass erst drohende Katastrophen zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit disziplinieren. Zum Glück rücken Deutsche und Polen wenigstens im Hochwasserschutz näher zusammen. Doch auch hier gilt: Frühzeitiges gemeinsames Handeln hätte vieles verhindern können.
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