Lausitzer Rundschau: Das kleinere Übel Bundesregierung hält an Rente mit 67 fest
Cottbus (ots)
Der Streit um die Rente mit 67 scheint sich auf die Deutung von Statistiken zu reduzieren. Regierung und Opposition operieren mit offiziellen Zahlen - und ziehen gegensätzliche Schlüsse. Dass es zu diesem Verwirrspiel kommen konnte, ist den Ängsten vor der eigenen politischen Courage geschuldet. Als die große Koalition 2007 mit der schrittweisen Anhebung des Renteneintrittsalters um zwei Jahre eine denkbar unpopuläre Entscheidung traf, suchte sie gleichzeitig die Kritiker mit einem Placebo im Kleingedruckten zu beruhigen. Demnach hängt der Bestand des Gesetzes von den Arbeitsmarktchancen der Älteren ab, die alle vier Jahre zu überprüfen sind. Allerdings wurden dafür keine konkreten Kriterien definiert. Dabei ist die Rente mit 67 ein Langzeitprojekt. Sie baut sich über fast zwei Jahrzehnte in Monatsschritten auf. Nur wer heute 46 und jünger ist, muss volle zwei Jahre später als die derzeitigen Rentner in den regulären Ruhestand gehen. Das gilt ab dem Jahr 2031! Angesichts dieser zeitlichen Dimension ist es weniger entscheidend, was sich heute auf dem Arbeitsmarkt tut, sondern in den nächsten Jahrzehnten. Erst vor ein paar Tagen ließ eine Meldung aufhorchen, wonach die Geburten in Deutschland auf einen historischen Tiefstand abgesackt sind. Und zwar auch deshalb, weil es immer weniger Frauen im gebärfähigen Alter gibt. In 20 Jahren werden selbst bei hoher Zuwanderung auf einen Rentner nur noch etwa zwei Beitragszahler kommen. 1960 lag das Verhältnis noch bei 1:5. Eine Verkürzung der Rentenbezugsdauer ist vor diesem Hintergrund noch das kleinere Übel, zumal der Arbeit in Zukunft eher die Arbeiter auszugehen drohen als umgekehrt den Arbeitern die Arbeit. Dass die Personalchefs damit automatisch um alle Älteren buhlen werden, ist freilich kein Naturgesetz. Hier liegen die eigentlichen politischen Herausforderungen. Flexible Lösungen beim Renteneintritt etwa in Form eines Ausbaus der Teilrente sind genauso notwendig wie ein Qualifizierungsschub für schwer vermittelbare Arbeitnehmer. Leider ist der Bundesregierung bislang wenig dazu eingefallen. So richtig ihre Entscheidung ist, an einer Verlängerung der Lebensarbeitszeit festzuhalten, so sehr fehlt es bislang an geeigneten Rahmenbedingungen für eine altersgerechte Arbeitswelt. Die muss es weit vor 2031 geben, wenn die Rente mit 67 nicht Armut per Gesetz sein soll.
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