Lausitzer Rundschau: Wie die Parteien auf die Atomdebatte reagieren sollten
Cottbus (ots)
In diesen dramatischen Tagen eröffnet sich der deutschen Politik eine Chance, wie sie sich nur selten bietet. Die Atomkatastrophe von Japan, die neue gesellschaftliche Großdebatte über die Kernenergie in Deutschland, das zurückgekehrte Bewusstsein darüber, dass Restrisiken nicht zu beherrschen sind, all das sollte die Parteien dazu bewegen, selbstkritisch innezuhalten. Es wäre ein Zeichen wider die Verdrossenheit, wenn sich in der Folge eine Allparteienkoalition daran machen würde, im Konsens dem Land ein Energiekonzept zu verordnen, dass den sicheren Ausstieg aus dem Atom in einem verantwortbaren Zeitraum möglich macht und den Umstieg auf erneuerbare Energien viel stärker forciert als bisher. Alle würden gewinnen. Denn klar ist doch: Was der gespaltenen und verunsicherten Gesellschaft derzeit am wenigsten nutzt, ist der rückwärtsgewandte Streit, der gestern im Bundestag vor allem zu hören gewesen ist. Und ebenso wenig nutzt ihr eine schnelle Drehung energiepolitischer Wendehälse, wenn sie nicht auch aus innerer Überzeugung kommt. Freilich kann man der Politik die alten Mechanismen nicht verübeln. Noch nicht. Aber nach den Landtagswahlen am 27.März müssen sich die Parteien daran machen, das Land energiepolitisch zu befrieden. Dann muss das Thema raus aus der parteipolitischen Spielecke. Ist es utopisch, auf Vernunft bei den Berliner Akteuren zu hoffen? Offensichtlich nein. Unionsfraktionschef Volker Kauder, glühender Anhänger der Laufzeitverlängerung und einer, der getobt hat angesichts des Kursschwenks seiner Kanzlerin, sprach gestern davon, die alten Schlachten einzustellen. Sicher, das klingt aus dem Mund dieses CDU-Mannes wohlfeil; zumal die Koalition nur sehr schlecht begründen kann, warum die Atombeschlüsse vor vier Monaten noch eine "Revolution" und die deutschen AKWs die sichersten der Welt waren - und das nun alles nicht mehr stimmt. Dennoch sollte man Kauder dringend beim Wort nehmen. Wenn er die alten Grabenkämpfe tatsächlich einstellen will, dann wird er auch bereit sein, sich für die Ideen der anderen zu öffnen. Das gilt umgekehrt auch für die Opposition, insbesondere für die Grünen. Wer auf erneuerbare Energien setzt, der muss hinnehmen, dass der erzeugte Strom in die Gebiete transportiert werden kann, in denen er verbraucht wird. Es darf nicht sein, dass gerade die Grünen die Konsequenzen aus der Ablehnung der Kernkraft einfach ignorieren und sich fröhlich an die Spitze jeder Bürgerinitiative setzen, die neue Stromleitungen oder Windräder blockiert. Wer umsteuern will, muss auch unbequem sein.
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