Lausitzer Rundschau: An der Hand Warum China für Deutschland immer wichtiger wird
Cottbus (ots)
Konfuzius hat einmal gesagt, der Edle möge nicht gegen die Fehler der anderen angehen. Frei danach hat Angela Merkel gestern bei den ersten deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen fast alles richtig gemacht: Sie hat ihren Standpunkt zur Menschrechtsfrage und dem Umgang mit dem Künstler Ai Weiwei sowie mit anderen Dissidenten verdeutlicht, mehr aber nicht. Mehr ist auch nicht zu erwarten gewesen. Denn die Linie der deutschen Chinapolitik ist diesbezüglich seit Jahren eine Einmischung in geordneten Maßen. Wer gar ein Entweder/Oder verlangt, der ist in Zeiten der Globalisierung und des chinesischen Wachstums wohl naiv. Merkel selber kann man jedenfalls grundsätzlich nicht unterstellen, dass sie das Thema der Menschrechte nicht bewegt: Sie hat den Dalai Lama im Kanzleramt empfangen und in Kauf genommen, dass die Chinesen über Monate vergrätzt waren. Damals wurde sie übrigens auch von einigen kritisiert, die sonst die Regierung immer dazu auffordern, gegenüber Peking klarere Worte zum Umgang mit Andersdenkenden zu finden. Und bei Merkels letzter China-Reise standen die Menschrechte ebenso ganz oben auf der Tagesordnung. Nicht immer handelt die Kanzlerin somit danach, die Balance in den deutsch-chinesischen Beziehungen unbedingt wahren zu wollen. Sie kann auch anders. Das ist gut so. Auch wenn sie damit in Kauf nimmt, dass Länder mit weniger Bedenken mitunter auf weitaus offenere Türen in der chinesischen Wirtschaft stoßen. Längst weiß man zudem, dass die Demokratie nach westlichem Vorbild nicht unbedingt der Maßstab für ein historisch und kulturell anders geprägtes China sein muss. Dies freilich etwas aufzubrechen, dafür dient der Dialog. Da ist die Kanzlerin wie immer ganz pragmatisch, was sich auch gestern bei den Konsultationen gezeigt hat. Der Sinn der deutsch-chinesischen Übung in Berlin ist gewesen, den einheimischen Unternehmen endlich ein viel größeres Stück vom asiatischen Wirtschaftskuchen abzuschneiden als bisher. Das ist gelungen. Bei allen Problemen, die es gibt, allein im Bereich der Produktpiraterie, China ist für die Konzerne nicht nur Absatzmarkt, sondern auch das Eingangstor in eine neue, aufstrebende asiatische Welt, in der sie noch nicht breit genug vertreten sind. Deshalb die deutsche Charmeoffensive im Kanzleramt, die die chinesische Seite mit ebenso großer Nettigkeit beantwortet hat. Wer übrigens wissen will, wie sich China inzwischen selbst sieht, der muss nur einen Satz von Wen Jiabao heranziehen: "Wenn Europa Schwierigkeiten hat, strecken wir die helfende Hand aus", meinte er gestern. Europa hat momentan viele eigene Probleme, vom Euro bis zur Schuldenkrise. China hat enorme Devisenreserven. Derzeit dürfte es kein Land geben, das die ausgestreckte Hand nicht ergreifen würde.
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