Lausitzer Rundschau: Zur massiven Kritik am Bundesaußenminister
Cottbus (ots)
Jetzt läuft wieder eine Art öffentliche Therapiesitzung mit Guido Westerwelle. Sanft schieben sie ihn alle hin zu dem selbstverständlichen Satz, den er sich am Sonntag endlich rauszwingt. Gerade noch rechtzeitig, wie aus der FDP verlautet. Jawohl, es war auch der internationale Militäreinsatz, der mitgeholfen hat bei der Befreiung Libyens, räumt der Minister ein. Aufatmen bei den Liberalen und im Kanzleramt. Deutschland ist knapp an einer schweren Regierungskrise vorbeigeschrammt. Dieser Problemfall beschäftigt die FDP nun schon seit fast zwei Jahren und mit ihr die Koalition, also das ganze Land. Erst die verheerende Rede von der "spätrömischen Dekadenz", dann die quälende Debatte um die Forderung nach Steuersenkungen, schließlich der nicht minder quälende Abgang als FDP-Vorsitzender nach zahlreichen Wahlniederlagen in den Ländern. Niemand braucht Guido Westerwelle noch, niemand will Guido Westerwelle noch. Honorig und von alleine, eben mit der Erklärung, dass er der Koalition nicht mehr helfen könne, wird der Mann aber nicht gehen. Den Zeitpunkt hat er im April verpasst, als er den Parteivorsitz abgab. Westerwelle braucht das Auswärtige Amt. Man könnte ihn natürlich einfach rauswerfen. Doch so lange er Vizekanzler und FDP-Chef war, ging das nicht. Und jetzt spricht dagegen, dass schon viel zu viel Zeit vergangen ist. Jetzt fiele der Rauswurf unweigerlich auf jene zurück, die diese zwei verlorenen Jahre erduldet und ermöglicht haben. Philipp Rösler etwa, der Westerwelle nun in Sachen Libyen in den Rücken fällt, weil der Mann nicht mehr gefährlich ist, aber als Kabinettsmitglied natürlich die deutsche Enthaltung zum Militäreinsatz mitgetragen hat. Ebenso Rainer Brüderle. Und vor allen anderen Angela Merkel, die nicht nur auf dem Papier, sondern wirklich die Richtlinienkompetenz der Regierungspolitik besitzt, ganz sicher in Fragen von Krieg und Frieden. Der deutsche Wackelkurs im UN-Sicherheitsrat war ihr Kurs. Außerdem würde bei einer Entlassung Westerwelles schnell gefragt werden, ob er der einzige Problemfall dieser Koalition ist, und dann würde man zum Beispiel auf Horst Seehofer stoßen. Er ist viel unberechenbarer. So wird der Umgang mit dem Problemfall Westerwelle in gewisser Weise die Bilanz dieser Koalition kurz vor ihrer Halbzeit widerspiegeln: Als eine Zeit der Irrtümer, wenn er gehen muss, als Zeit des Durchwurstelns, wenn er bleibt. Nicht auf allen Felder zwar, aber beileibe auch nicht nur in der Außenpolitik.
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