Lausitzer Rundschau: Ein Jahrzehnt der Prüfungen Zum 10. Jahrestag der Terroranschläge von New York
Cottbus (ots)
Von dem, was in den dramatischen Stunden des 11. September 2001 zu befürchten war, ist zum Glück nur wenig Wirklichkeit geworden. Es kam nicht zu einer allumfassenden gewaltsamen Auseinandersetzung zwischen großen Teilen der islamischen Welt und den Staaten des Westens. Die Freiheitsrechte in unseren Demokratien sind eingeschränkt, aber nicht umfassend beschränkt worden. Die direkten wirtschaftlichen Folgen der Anschläge hielten sich in Grenzen. Manches, was zu beklagen ist, hätte wohl auch ohne die Schreckensbilder aus New York stattgefunden. Für den damaligen amerikanischen Präsidenten George W. Bush war der Terror mehr Vorwand als Grund, um seine Rechnung mit dem irakischen Diktator Saddam Hussein zu begleichen. Aber spätestens mit der Wahl von Barack Obama haben die USA auch klargestellt, dass der Angriff auf den Irak wie auch die bisherige Kriegsführung in Afghanistan Irrwege waren. Mancher mag einwenden, solch eine nüchterne Bilanz an diesem Jahrestag ignoriere all das unermessliche Leid und den vieltausendfachen Tod, die mit der militärischen Reaktion der Supermacht Amerika auf die Terror-Angriffe einhergingen. Ja, unter einem besonneneren Präsidenten und mit etwas größerer Nachdenklichkeit wäre der Menschheit vieles erspart geblieben an weiterem Schrecken. Aber angesichts der verstörenden Macht der Bilder, die vor zehn Jahren den Atem stocken ließen, sind die freien Gesellschaften in durchaus erstaunlichem Maße ihren Prinzipien treu geblieben. Mancher mag auch einwenden, dass die Probleme, insbesondere die wirtschaftlichen Krisen, mit denen wir uns heute herumschlagen, zusammenhängen mit den Fehlern der Politiker, die in der Reaktion auf den Terror gemacht wurden. Die Entscheidung für eine Politik des billigen Geldes als eine Antwort auf die Ereignisse ist allerdings auch nur einer der Gründe für die Turbulenzen der Weltwirtschaft. Insgesamt hat die freie Welt dieses Jahrzehnt der Prüfungen nicht allzu sehr beschädigt überstanden. Zwar stehen die politisch Verantwortlichen heute weiterhin vor der großen Herausforderung, neue Massenmorde zu verhindern. Aber mit den Ereignissen in den arabischen Diktaturen rund um das Mittelmeer sind andere, letztlich bedeutsamere Probleme zu lösen. In Ägypten nahm einst jene Wiedergeburt des radikalen Islamismus ihren Anfang, die dann zu den Taten des 11. September vor zehn Jahren führte. Genau dort aber steht jetzt der Ruf nach Freiheit in einem noch sehr unbestimmten Spannungsverhältnis zu den sozialen Erwartungen großer Teile der Bevölkerung. Darauf angemessen zu reagieren, ist wichtiger als all die Aktivitäten der Nachrichtendienste. Und mit den krisenhaften Erscheinungen in der Weltwirtschaftsordnung müssen in ganz neuem Ausmaß Formen der politischen Kooperation erprobt werden, wenn die Politik weiterhin das Geschehen bestimmen will. Wenn etwas zu lernen ist aus den Prüfungen des letzten Jahrzehnts, so wohl am ehesten in der Erkenntnis, dass ein Beharren auf den Grundsätzen einer freiheitlichen Gesellschaft allemal eher hilft, als ein stetiges Infragestellen all dessen, was die Attentäter des Jahres 2001 hassten und zu vernichten versuchten.
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