Lausitzer Rundschau: Bohrende Fragen Zum Rechtsterrorismus in Deutschland
Cottbus (ots)
In das Entsetzen über die Blutspur eines braunen Hinrichtungskommandos quer durch Deutschland mischen sich immer mehr bohrende Fragen. Warum blieb das Mord-Trio 13 Jahre lang unentdeckt? Welche Rolle spielt der Verfassungsschutz? Hat der Sicherheitsapparat die rechtsextreme Terrorzelle durch seine V-Leute sogar unfreiwillig unterstützt? Hier steht die Aufklärung noch ganz am Anfang. Ein Teil der Antwort ist allerdings schon jetzt für jedermann nachzulesen. Im jüngsten Verfassungsschutzbericht heißt es gleichermaßen lapidar wie bestimmt: "Auch 2010 waren in Deutschland keine rechtsterroristischen Strukturen feststellbar." Da offenbart sich eine Unterschätzung des braunen Gewaltpotenzials, die massiv an den professionellen Fähigkeiten der Geheimen zweifeln lässt. Genauso besorgniserregend ist die systematische Verharmlosung des Problems in Deutschlands. Wenn zum Beispiel ein rechtsextremer Skinhead drei Spätaussiedler in Baden-Württemberg ersticht, dann taucht der Gewaltexzess wie geschehen noch lange nicht in der Statistik rechtsmotivierter Straftaten auf. Dazu müsste der Täter direkt "Ausländer raus" rufen. Seriöse Medien griffen solche Fälle bereits vor zwei Jahren auf, um nachzuweisen, dass die rechtsextreme Tötungsrate seit der deutschen Wiedervereinigung mit 137 Opfern schon damals fast dreimal höher lag als von der Bundesregierung zugegeben. So groß die politische Empörung seinerzeit war, so folgenlos ist sie am Ende geblieben. Die Sache verlief im Sand. Dabei stelle man sich nur vor, statt einer Mordserie an türkischen Lebensmittelhändlern wäre es zur fortgesetzten Tötung deutscher Unternehmer gekommen. Ob der prompt in Verdacht geratene Linksextremismus dann auch 13Jahre lang ungestört eine grausame Blutsspur hätte ziehen können? Mit den akribisch geplanten Tötungen und Banküberfällen eines selbst ernannten braunen "Untergrunds" sind die alten vermeintlichen Gewissheiten nun wie weggefegt. Auch der Rechtsextremismus, das hat sich auf erschütternde Weise gezeigt, ist zum Aufbau terroristischer Strukturen in der Lage. In ihrer Ratlosigkeit haben politische Akteure, allen voran die Kanzlerin, nun wieder ein Verbot der NPD auf die Tagesordnung gesetzt. Doch das könnte nur ein letzter Schritt sein. Der erste Anlauf für ein NPD-Verbot scheiterte bekanntlich an der massiven Präsenz von V-Leuten in höchsten Führungskreisen der Partei. Ohne einen Verzicht auf diese Zuträger macht ein zweites Verbotsverfahren keinen Sinn. Das aber wäre gerade jetzt, wo es darum geht, terroristische Strukturen aufzuklären, womöglich kontraproduktiv. Die Sicherheitsbehörden müssen endlich die Augenklappe rechts wegnehmen.
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