Lausitzer Rundschau: Spiel auf Zeit Kiewer Oppositionsführerin Timoschenko darf Straflager verlassen
Cottbus (ots)
Es ist auffällig, wie offen die Bundesregierung über die Verhandlungen mit der Ukraine im Fall Timoschenko Auskunft gibt. Am Montag plauderte sogar Regierungssprecher Seibert über das heikle Thema. Üblicherweise werden derlei Dinge durch diplomatische Geheimkanäle geschleust, wenn sie sicher ihr Ziel erreichen sollen. Womöglich sieht sich Berlin zur Teilnahme an dem öffentlichen Debattierklub gezwungen, weil die ukrainische Justiz das Thema ihrerseits an die ganz große Glocke hängt. Auch deshalb spricht alles dafür, dass es sich bei den Timoschenko-Spekulationen um eine Propaganda-Show des Janukowitsch-Regimes handelt. Der Plan des Präsidenten dürfte es sein, die EU-Staaten milder zu stimmen - insbesondere mit Blick auf die Fußball-Europameisterschaft und die Parlamentswahl im Herbst. In dieses Bild passt auch die Entscheidung der Kiewer Staatsanwaltschaft vom Montag, Timoschenko eine Behandlung außerhalb der Gefängnismauern zu ermöglichen. Zu sagen hat das nicht viel. Entscheidend ist, wer die 51-jährige Oppositionsführerin in welcher Klinik untersuchen soll. Eine Ausreise nach Deutschland ist vorerst unwahrscheinlich. Die ukrainischen Behörden verweisen nicht von ungefähr darauf, dass zuvor die Gesetzeslage geändert werden müsste. Das aber braucht Zeit. Bis das Thema im Parlament auf der Tagesordnung steht, ist die Europameisterschaft vorbei. Die Arznei, die Janukowitsch der westlichen und insbesondere der deutschen Öffentlichkeit derzeit verabreicht, soll vor allem die Lage beruhigen. Gut möglich, dass der Präsident dieses oder ähnliche Spielchen noch bis zur Parlamentswahl im Herbst fortsetzen will. Einen ersten Erfolg hat er bereits verbuchen können. Das von Brüssel im Dezember auf Eis gelegte Assoziierungsabkommen mit der EU wurde am Freitag paraphiert. Fakt ist: Janukowitsch kann es sich nicht erlauben, seine Widersacherin ziehen zu lassen. Sofort wäre Timoschenko wieder politisch präsent, und sei es von ihrem Berliner Krankenbett aus. Die Bundesregierung ist schlecht beraten, dieses Spiel vor aller Augen mitzuspielen.
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