Lausitzer Rundschau: Kein Ruhekissen Ein Jahr Arbeitnehmerfreizügigkeit
Cottbus (ots)
Ein Jahr nach der Öffnung des Arbeitsmarktes für osteuropäische EU-Bürger lässt sich festhalten: Deutschland hat nicht alles, aber vieles richtig gemacht. Ein Ansturm von Billiglöhnern ist ausgeblieben. Stattdessen kommen eher zu wenige, aber gut qualifizierte Migranten aus den anderen EU-Staaten des Ostens. Sie helfen der deutschen Wirtschaft, ihren hohen Fachkräftebedarf zu decken. Und schwarzgearbeitet wird in der Bundesrepublik nach der Grenzöffnung auch weniger. Manche Experten und Wirtschaftsvertreter werfen trotz der guten Nachrichten einen Blick zurück im Zorn. Vor Jahren habe die Bundesrepublik eine Riesenchance verpasst, die besten Köpfe ins Land zu locken. Tatsächlich sind Millionen migrationswillige Osteuropäer kurz nach der EU-Erweiterung nach Großbritannien und Skandinavien ausgewandert, die ihre Arbeitsmärkte schon 2004 öffneten. Indes: Die Kritiker sollten sich noch einmal die Lage jener Zeit ins Gedächtnis rufen. 2003 bis 2005 waren in Deutschland die Jahre der Agenda 2010. Bundeskanzler Gerhard Schröder verschrieb dem Land diese Rosskur nicht aus Jux und Dollerei, sondern angesichts von fünf Millionen Erwerbslosen. Eine Arbeitsmarktöffnung wäre damals niemandem vermittelbar gewesen. Welche Emotionen Zuwanderung wecken kann, zeigt derzeit die Schweiz. Die Regierung in Bern hat soeben eine Kontingentierung der Migration aus Osteuropa beschlossen, weil rechte Populisten Front gegen die Einwanderung machen. Dennoch sollten sich die Bundesregierung und die deutsche Wirtschaft nicht auf den frohen Botschaften dieser Tage ausruhen. Die demografischen Perspektiven für das Land sind weiterhin besorgniserregend. Ohne noch mehr und noch besser ausgebildete Zuwanderer droht Deutschland auch weiterhin langfristig der Abstieg. Deshalb bleibt die Forderung richtig, die starren Strukturen auf dem deutschen Arbeitsmarkt aufzuweichen. Berufs- und Studienabschlüsse von Zuwanderern müssen schneller anerkannt werden. Und zu einer echten Willkommenskultur gehört es auch, dass Englisch in deutschen Unternehmen zur gängigen Zweitsprache wird.
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