Lausitzer Rundschau: Der Säulenheilige Zum Umgang der CDU mit Alt-Kanzler Helmut Kohl
Cottbus (ots)
Die geplante Jubelorgie der CDU für Helmut Kohl in dieser Woche hat einen schalen Beigeschmack. Dabei wird das Naturell eines Menschen ausgenutzt, der nah am Wasser gebaut und wenig selbstkritisch ist. Und der selbst nicht reden kann. Rührende Bilder sind garantiert. Das Volk braucht diese Jubelveranstaltungen nicht; noch ist der 30.Jahrestag der Regierungsübernahme durch Schwarz-Gelb kein Gedenktag, noch haben die meisten Bürger selbst ein Bild von diesem Kanzler - und das ist eher widersprüchlich. Nur die CDU braucht Helmut Kohl als Säulenheiligen. Dabei wäre er geerdet wahrscheinlich sogar größer. Kanzler der Einheit, so heißt Helmut Kohl mit einem gewissen Recht, weil jeder andere, der 1990 regiert hätte, es wahrscheinlich verpatzt hätte. Kohl aber hat instinktiv die Wiedervereinigungsdynamik begriffen und forciert. Der Preis dafür wird freilich gern übersehen. Den Menschen im Osten wurde verschwiegen, welche Brüche auf sie zukommen würden. Und den Menschen im Westen, was das alles kostet. Kanzler Europas, auch das war Kohl mit Leidenschaft, doch hier muss ebenfalls ein Aber gesetzt werden: Die unausgereifte Konstruktion des Euro, eine Gemeinschaftswährung ohne gemeinsame Wirtschafts- und Finanzregierung, geht voll auf Kohls Kappe, damit auch ein Teil der Verantwortung für den heutigen Schlamassel. Kanzler der inneren Reformen - das war Helmut Kohl nicht. Er hat das Land strukturell kaum vorangebracht, sondern einen gesellschaftlichen und sozialen Reformstau aufgetürmt. Als er 1998 abgewählt wurde, gab es sogar in der Union ein gewisses Aufatmen. Ein Machterhalter für die CDU, das allerdings war Helmut Kohl ganz sicher. Schon wegen der 16Jahre Amtszeit als Kanzler. Aber auch hier die Kehrseite, der brutale Stil nach innen und - unverzeihlich - die Annahme anonymer Spenden. Dieser Rechtsbruch wirkt durch das Verschweigen der Spender bis heute nach. Angela Merkel ist ebenfalls eine perfekte Machterhalterin, aber das verbiesterte Denken in Lagern und parteipolitischen Feindbildern, wie es Kohl pflegte, ist ihr fremd. Und das ist gut so. Merkel ist in der Distanzierung zu diesem Charakterteil Helmut Kohls politisch groß geworden. "Nur auf einem wahren Fundament kann die Zukunft aufgebaut werden", schrieb sie 1999 in einem offenen Brief zur Kohl-Spendenaffäre. Das wird sie am Donnerstag bei ihrer Lobrede auf den Altkanzler wahrscheinlich nicht beherzigen. Und deshalb wird diese Veranstaltung die CDU nicht viel voranbringen.
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