Lausitzer Rundschau: Totgesagte leben länger: FDP-Ergebnis in Niedersachsen stärkt Philipp Rösler Von Tim Albert
Cottbus (ots)
Trotz des knappen Ausgangs hat die Landtagswahl in Niedersachsen einige klare Botschaften gebracht: Das Phänomen der Piraten dürfte sich einstweilen erledigt haben. Die Linke ist auf dem Weg zurück zur ostdeutschen Regionalpartei ein ganzes Stück weitergekommen. Und der Gewinner ist: Philipp Rösler. Wer hätte das gedacht. Die Ablösung des FDP-Chefs war doch längst beschlossene Sache. Nicht zuletzt seine Parteifreunde ließen daran wenig Zweifel: Erst nutzte Entwicklungsminister Dirk Niebel beim Dreikönigstreffen die vermeintliche Chance zur eigenen Profilschärfung, indem er wenig filigran auf seinen Parteivorsitzenden eindrosch. Und dann, zwei Tage vor dem Urnengang in Niedersachsen, ließ auch der Chef der liberalen Bundestagsfraktion Rainer Brüderle schon mal den Dolch aufblitzen, den er für seinen Vorsitzenden im Gewande trägt. Bereits Ende Februar müsse die FDP einen neuen Chef wählen, forderte Brüderle vollmundig - und es wird interessant sein zu beobachten, wie der Pfälzer versuchen will, diesen Geist nun wieder in die Flasche zu bekommen. Denn das Rekordergebnis für die FDP in Niedersachsen beweist zum einen, dass Wahlen am Wahltag und nicht in den Meinungsumfragen gewonnen oder verloren werden. Und zum anderen, dass die Liberalen auch mit Rösler erfolgreich sein können. Sehr erfolgreich sogar. So erfolgreich, dass es - zumindest aus liberaler Sicht - plötzlich kein rechtes Argument mehr für einen Wechsel an der Parteispitze gibt. Denn der Niedersachse Rösler kann sich das sensationelle Ergebnis in seiner Heimat mit einigem Recht auf die eigene Fahne schreiben. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass der Erfolg in dieser Größenordnung nur mit etlichen Leihstimmen von CDU-Anhängern zustande gekommen ist. Erstens hat das die FDP in ihrer Geschichte noch nie gestört. Und zweitens dürften die Liberalen gerade dieses Wählerverhalten im Hinblick auf die Bundestagswahl als ermutigendes Signal empfinden: Ein paar Prozent von der Union - und schon ist sogar die Fortsetzung der wenig produktiven schwarz-gelben Koalition im Bund wieder eine realistische Option. Angela Merkel wird´s freuen - oder auch nicht. Möglicherweise wäre der Kanzlerin eine Neuauflage der Großen Koalition mit der SPD insgeheim sogar lieber als vier weitere Jahre mit den stets haarscharf am Rande der Selbstzerstörung wandelnden Liberalen. Aber wie dem auch sei - jedenfalls spricht spätestens seit gestern alles dafür, dass die CDU-Chefin das Kanzleramt auch nach der Bundestagswahl im September nicht räumen muss. Ihren Kontrahenten Peer Steinbrück wird die SPD zwar weitermachen lassen - alles andere wäre politischer Selbstmord aus Angst vor dem Tode. Aber wenn sie sich von seiner Kandidatur Rückenwind versprochen hat, so war davon in Niedersachsen rein gar nichts zu spüren.
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