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Lausitzer Rundschau: In der Parallelwelt Die Haftanstalten und die rechten Netzwerke

Cottbus (ots)

Dass in vielen Strafanstalten Parallelwelten existieren, die die Behörden kaum kontrollieren können, ist keine neue Erkenntnis. Drogen, Diebstahl oder Gewalt sind an der Tagesordnung. Auf so einem Boden versuchen natürlich auch Neonazis, ihr Gedankengut zu verbreiten und Gesinnungsgenossen zu gewinnen. Das ist nicht verwunderlich. Erschreckend ist allerdings, in welchem Ausmaß es den Rechten offenbar immer wieder gelingt, sowohl von innen als auch von außen regelrechte Netzwerke in deutschen Haftanstalten zu installieren. Die miserablen Zustände in zahlreichen Gefängnissen tragen dazu bei, dass dies überhaupt möglich ist. Wieder Hessen. Das kann man wohl zunächst so sagen. Von Hessen aus wurde das Netzwerk organisiert, von dem es jetzt heißt, dass es sogar Kontakt zum Umfeld des NSU-Terrortrios gesucht haben soll. Sicher, ein Zufall, trotzdem klingelt es. Denn nach wie vor steht der Vorwurf im Raum, dass 2006 der damalige hessische Innenminister Volker Bouffier die Ermittlungen gegen die Mordbande behindert haben soll. Bouffier hat dies im Untersuchungsausschuss des Bundestages vehement bestritten. Und auch wenn das eine mit dem anderen nichts zu tun haben mag, vor dem Hintergrund der damaligen Vorgänge und der schlimmen Pannen bei den Ermittlungen in der Mordserie wird man doch stutzig und hellhörig. Vieles rund um den NSU-Terror liegt schließlich noch im Dunkeln. Und Hessens Justizminister Jörg-Uwe Hahn spricht bereits von einer möglichen Spitze des Eisbergs, die man aufgedeckt habe. Man muss also zweifellos auf einiges gefasst sein. Der Vorgang wirft jedoch auch grundsätzliche Fragen über die Gestaltung des Strafvollzugs in Deutschland auf. Fakt ist: Verschwindet ein Täter hinter Gittern, erlahmt meist das Interesse an ihm. Bei Rechten zum Beispiel zementiert sich das krude Weltbild eher, weil in den Anstalten nicht dagegengehalten werden kann. Der Verurteilte betritt zudem eine Welt, aus der nur etwas nach draußen dringt, wenn im Knast selbst Verbrechen verübt werden. Erinnert sei an die Folterskandale. Die meisten Experten sind sich darin einig, dass das jetzige System zu teuer, zu ineffektiv und damit auch kaum kontrollierbar ist. Dass es mehr Probleme verursacht als löst. Der Strafvollzug müsste also umfassend reformiert werden, um ihn deutlich besser zu machen. Diese Aufgabe anzupacken, würde aber politischen Mut und Ausdauer erfordern. An beidem mangelt es. Deshalb liegt der eigentliche Skandal darin, dass die Haftanstalten vielfach zum rechtsfreien Raum geworden sind - und dies seit Jahren von der Politik stillschweigend geduldet wird.

Pressekontakt:

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