Lausitzer Rundschau: Kein Grund zur Euphorie Regierung zieht Bilanz beim Bildungspaket
Cottbus (ots)
Diese Zahlen klingen viel versprechend: 73 Prozent der Kinder in Hartz-IV- und Geringverdiener-Familien nutzen mittlerweile das Bildungspaket, das die Bundesregierung vor zwei Jahren auf Geheiß des Bundesverfassungsgerichts geschnürt hatte. 80 Prozent der Antragsteller kommen dabei angeblich gut mit den bürokratischen Hürden zurecht. Und 82 Prozent der Nutzer einer kostenlosen Lernförderung profitieren nun erstmals davon. Kein Wunder, dass Ursula von der Leyen das Bildungspakt als Mega-Erfolgsgeschichte verkauft und die kommunalen Spitzenverbände in den Tenor einstimmen. Keiner will sich nachsagen lassen, bei der Förderung der Schwächsten die Hände in den Schoß zu legen. Wer allerdings tiefer in die Statistik eintaucht, wird schnell merken, dass ihre Aussagekraft sehr begrenzt ist. Zunächst einmal gilt: Unabhängig vom Bildungspaket bieten viele Sportvereine ohnehin kostenlose Mitgliedschaften für sozial benachteiligte Kinder an, sind Schülerbeförderung und Mittagessen mancherorts schon vorher umsonst gewesen. Wenn einzelne Bundesländer die Mittel aus dem Bildungspakt nicht einmal zur Hälfte abgerufen haben, dann sagt das also wenig über die Qualität der Förderung aus. Umgekehrt muss, wer das Geld vollständig nutzt, deshalb noch lange kein Vorbild sein. Kommunen könnten sich auch aus ihrer kostenlosen Mittagsversorgung zurückziehen, weil das Bildungspaket des Bundes ja dafür einspringt. Dies führt zu dem Kuriosum, dass von der Leyen noch stolzer darauf sein könnte, sich aber in der Praxis nichts geändert hat. Denn dem Kind kann es egal sein, wer sein Schulessen bezahlt. Und noch etwas gilt es zu berücksichtigen: Von den verschiedenen Leistungen des Bildungspakets werden die Hilfen für den Kauf von Schulmaterial mit auffällig großem Abstand am meisten angenommen. Doch die gab es im Sozialrecht auch schon vor dem Karlsruher Richterspruch. Dagegen fristet die Lernförderung ein Schattendasein. Zwar bekommen jetzt mehr bedürftige Schüler einen kostenlosen Nachhilfeunterricht als vor dem Bildungspaket. Doch insgesamt profitieren hier gerade einmal fünf Prozent der Kinder. Da passt es schon zusammen, wenn die Antragstellung von vielen Eltern gerade bei der Lernförderung als eher kompliziert empfunden wird. Übrigens leuchtet auch nicht unbedingt ein, warum die Lernförderung für Kinder armer Eltern nur bei schlechten Noten möglich ist, anstatt sie bei entsprechender Begabung zum Beispiel auch für eine Gymnasialreife nutzen zu können. Fazit: Durch das Bildungspaket hat sich die Teilhabe von Kindern aus sozial schwachen Familien am schulischen und gesellschaftlichen Leben sicher verbessert. Aber zur Euphorie besteht kein Anlass.
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