Lausitzer Rundschau: Vorwärts im Wahlkampf Steinbrück und sein Schattenkabinett
Cottbus (ots)
Über mangelnde Aufmerksamkeit braucht sich die SPD nicht zu beschweren. Buchstäblich jeder Satz, jeder Schritt vor allem ihres Kanzlerkandidaten wird akribisch protokolliert, kommentiert - und mitunter skandalisiert. Womit auch schon das Problem der Genossen umschrieben ist: Schlagzeilen gibt es zuhauf, aber nur die wenigsten sind positiv. Vor diesem Hintergrund kann man es Peer Steinbrück nicht verdenken, dass er die Namen seiner potenziellen Regierungsmannschaft für den Fall eines Wahlsiegs wohldosiert unters Volk bringen will. Die Taktik könnte für gute Stimmung sorgen. Andererseits steigt aber auch die öffentliche Erwartung und mit ihr die Gefahr der Enttäuschung. Der Auftakt bei Steinbrücks Vorstellungsreigen war jedenfalls wenig elektrisierend. Sicher, mit Gesche Joost präsentierte sich ein frisches Gesicht und eine geachtete Wissenschaftlerin. Doch aus ihrer politischen Ahnungslosigkeit hat Joost bei ihrem gestrigen Auftritt keinen Hehl gemacht. Sie habe eine tolle und sehr spannende Professur, antwortete sie auf die Frage, wie ernst es ihr sei, in eine rot-grüne Regierung einzutreten. Joosts Ministerinnen-Hoffnung hält sich also offenbar stark in Grenzen. Womöglich auch ihr Interesse. Als das personifizierte Gegenteil empfahl sich Klaus Wiesehügel. Doch das muss für die SPD nicht unbedingt ein gutes Zeichen sein. Der Gewerkschafter der alten Schule hat mit Leidenschaft und öffentlich bekämpft, was die SPD einst mit der Agenda 2010 mühsam auf den Reformweg brachte. So mancher Genosse hielt für diese Politik in Diskussionen mit den Bürgern seinen Kopf hin, obwohl er damals vielleicht sogar genauso dachte wie Wiesehügel. Dass ausgerechnet der nun mit höheren politischen Weihen belohnt wird, dürfte auch in der SPD nicht jedem gefallen. Wahr ist allerdings, dass die Partei mit ihrem Wahlprogramm so weit nach links gerückt ist, dass man es einem wie Wiesehügel allemal eher abnimmt als Steinbrück selbst. Im besten Fall kann daraus eine erfolgreiche Arbeitsteilung werden. Im schlimmsten Fall werden Erinnerungen an Paul Kirchhof wach. Der Finanzexperte sollte im Wahlkampf 2005 für die Union punkten, doch seine radikalen Steuer-Ideen entwickelten sich zum Albtraum für die C-Parteien. Auch Wiesehügel ist immer für Alleingänge gut. Der Fall Kirchhof zeigt übrigens auch, dass politische Quereinsteiger unberechenbar sind, obwohl sich alle Parteien damit schmücken wollen. Bliebe noch Thomas Oppermann. Der scharfzüngige Genosse galt schon länger als "gesetzt". Überraschend wäre deshalb nur seine Nicht-Nominierung gewesen. Peer Steinbrück muss also noch deutlich nachlegen, wenn sein "Schattenkabinett" die Schatten des bislang weitgehend verstolperten Wahlkampf-Starts der SPD überstrahlen soll.
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