Lausitzer Rundschau: Sekt gibt es in der Opposition nicht Steinbrücks unerklärliche Angst vor der Großen Koalition
Cottbus (ots)
Peer Steinbrück, so eloquent er auch argumentierte, konnte im TV-Duell eine Frage von Stefan Raab nicht zufriedenstellend beantworten: Warum will er auf keinen Fall eine Große Koalition? Dass er ihr selbst nicht angehören will, kann man noch verstehen. Wer dient schon gern als Herausforderer nach so einem Wahlkampf unter seiner Gegnerin, der Kanzlerin. Was man aber nicht nachvollziehen kann ist: Warum schließt er, so wie alle anderen aus der SPD-Führung, eine Zusammenarbeit seiner Partei mit der Union geradezu aus? Wo das doch die Konstellation ist, die sich die Mehrheit der Bundesbürger wünscht. Natürlich steckt Steinbrück die Erfahrung der letzten Zusammenarbeit mit CDU und CSU in den Knochen, die für die Sozialdemokraten mit dem historischen Tiefschlag von 23 Prozent endete. Ein Ergebnis, das für die Volkspartei fast schon die Existenzfrage stellte. Und ein Vorgang, der sich deshalb nicht wiederholen darf. Aber hat man diese Zeit je richtig analysiert? Warum konnte "Mutti" die große alte Tante SPD so erdrücken? Weil die Sozialdemokraten vom ersten Tag mit dem Selbstbewusstsein von Verlierern herumliefen. Die Union auf dem Sonnendeck, wir im Maschinenraum, so beschrieben sie damals selbst ihre Lage. Das Bild sollte Widerstand mobilisieren, frustrierte aber nur noch mehr. Sie waren mit sich selbst nicht im Reinen. Nicht mit ihrer knappen Wahlniederlage von 2005, schon gar nicht mit der Agenda-Politik von Gerhard Schröder. So konnte Angela Merkel die Erfolge der Reformen für sich einheimsen. Die Genossen schämten sich für ihre Regierungszeit. Und tun dies bis heute. Im Grundsatz hat sich die Lage bei den Sozialdemokraten nicht verändert. Vor allem die SPD-Linke fürchtet in einer neuen Großen Koalition um ihre Positionen. Es sind Anti-Agenda-Positionen. Der wahre Grund für Steinbrücks Verweigerung ist also rein parteiinterner Natur. Angela Merkel bohrte am Sonntag zu Recht in dieser Wunde und sagte, sie verstehe das nicht. Zuerst komme doch das Land, dann erst die Partei. Sie kann das leicht sagen. Die Union war noch nie Juniorpartner im Bund. Mit so einer Rolle muss man erst einmal klarkommen. Man kann auch in einer Großen Koalition bestehen. Wenn man sie hart betreibt. Wenn man seine Positionen durchsetzt. Wenn man weiß, was man will. Ein Juniorpartner muss freilich in der Lage sein, sich zu wehren. Er darf deshalb auch keine Angst vor Neuwahlen haben. All das schafft die SPD im Moment nicht. Sie ist nicht auf Augenhöhe. Weil sie, so lange sich die Linkspartei verweigert und von ihr auch nicht gefordert wird, keine zweite realistische Option hat, mit der sie Merkel drohen könnte. Das ist ihr Hauptproblem. Und dieses Problem muss sie nach der Wahl endlich offensiv angehen. Er wolle Sekt oder Selters, sagte Steinbrück am Abend zu Stefan Raab. Regieren aber ist sowieso viel öfter Selters als Sekt. Opposition hingegen ist immer - Mist.
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