Lausitzer Rundschau: Moderne Kreml-Astrologie Die Koalitionsspekulationen nach der Bundestagswahl
Cottbus (ots)
Weil die Sowjet-Führung in Moskau seinerzeit so undurchdringlich war, waren westliche Geheimdienste und Medien auf die Interpretation kleinster Besonderheiten angewiesen. Das nannte man Kreml-Astrologie, auch, weil sie oft danebenlag. Laut "Wikipedia" wird der Begriff auch heute noch gern verwandt, als Metapher für den Versuch, aus undurchdringlichen politischen Führungskreisen irgendwie Nachrichten zu gewinnen. Das gilt derzeit ganz besonders. Schon vor dem 22. September wurden vielfach Vermutungen über die Zusammensetzung des neuen schwarz-gelben Kabinetts angestellt. Meist war Guido Westerwelle da wieder Außenminister. Leider ging der gelbe Teil verloren. Nun wird das Gleiche über eine schwarz-rote Regierung spekuliert, mit Frank-Walter Steinmeier als Außenminister. Leider kommt die vielleicht nicht zustande; außerdem will Steinmeier SPD-Fraktionschef bleiben. Jeder Satz und Halbsatz liegt auf der Goldwaage. Anton Hofreiter von den Grünen sagt: "Wir schließen logischerweise keine Gespräche aus." Whow, also kommt Schwarz-Grün?! Wolfgang Schäuble sagt zu Steuererhöhungen: "Wir sollten jetzt schauen, wie die Gespräche laufen." Hammer?! Man sieht, es ist eine Zeit großer Aufgeregtheiten. Kreml-Astrologie eben. Der Unterschied ist: Im Kreml bestimmten die Oberen wirklich alles, und sie wussten, was sie wollten. Da war es schon wichtig, einen Zipfel davon zu erhaschen. Hier wissen die Oberen alle selbst überhaupt noch nicht, wie es weiter geht und tasten sich nur langsam vor. Deshalb sollte man derzeit jede Äußerung als das nehmen, was sie ist: ein Testballon. Kann so kommen. Kann auch nicht. Abwarten.
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