Lausitzer Rundschau: Der Zug rollt - Die im Bundestag vertretenen Parteien bewegen sich aufeinander zu
Cottbus (ots)
Der Zug in Richtung einer neuen Regierung kommt ins Rollen. Bis er aber wirklich Fahrt aufgenommen hat, dürften noch einige Wochen vergehen. Zu viele strittige Fragen stehen zwischen den Parteien: Steuererhöhungen - ja oder nein? Mindestlohn für alle - ja oder nein? Betreuungsgeld - abschaffen oder nicht? Das sind keine kleinen Brocken, die aus dem Weg geräumt werden müssen. Was hat der ehemalige SPD-Chef Franz Müntefering aber mal gesagt? Es sei unfair, die Parteien daran zu messen, was sie vor der Wahl versprochen haben. Müntefering hat Recht gehabt. Nach der Wahl entsteht der Zwang zum Kompromiss und damit auch zur Ehrlichkeit, wenn man denn regieren will. Am besten lässt sich das im Moment bei den Grünen beobachten. Die Analyse des Wahldebakels ist am Wochenende schonungslos und hart ausgefallen, falsches Programm, selbstverliebtes Personal. Es ist ein Akt der Befreiung, den die Partei durchlebt. Das stärkt die Grünen. Und es öffnet sie für eine mögliche Zusammenarbeit mit CDU/CSU. Schon lobt die Union ja die Ökopartei für ihre Neuausrichtung. Von dem, was die Grünen leisten, ist die SPD hingegen noch meilenweit entfernt. Auf ihrem Konvent haben sich die Sozialdemokraten einer Aufarbeitung des zweitschlechtesten Wahlergebnisses in ihrer Geschichte verweigert. Stattdessen wird über Augenhöhe mit der Union und mögliche Ministerposten schwadroniert. Allein der Umstand, dass die Wahlgewinnerin Angela Merkel auf die SPD angewiesen sein könnte, lässt die Genossen stark erscheinen. Mit ihren Inhalten und ihrem Kandidaten konnte die Partei beim Wähler allerdings nicht punkten. Die Genossen ignorieren dies hartnäckig, in der Hoffnung, dass es niemand merkt. Das übertriebene Selbstbewusstsein der SPD wird die nun anstehenden Sondierungsgespräche mit der Union, erste recht aber mögliche Koalitionsverhandlungen nicht einfacher machen. Das gilt auch für die Vorfestlegungen, mit denen sich die Protagonisten jetzt gegenseitig traktieren. Allen voran CSU-Chef Horst Seehofer, der einen Koalitionsvertrag ohne Pkw-Maut nicht unterschreiben will, und der nun sein Wort gibt, dass es keine Steuererhöhungen geben wird. Dabei weiß auch er: Je höher man die Hürden aufbaut, desto schwieriger wird es, noch drüber zu springen. Gerade beim Thema Steuern geht es doch um die Frage, ob wenige mehr belastet und viele entlastet werden können. Sind das dann Steuererhöhungen der reinen Lehre? Nein. Bei den nun anstehenden Sondierungsgesprächen sollte es somit darum gehen, endlich darüber nachzudenken, wo das Land in vier Jahren stehen soll. Das muss das Leitmotiv sein - und nicht die Fortsetzung des Wahlkampfgezänks.
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