Lausitzer Rundschau: Das muss reichen Die Steuerschätzung und die Folgen für die neue Regierung
Cottbus (ots)
Manche Unterhändler in CDU, CSU und SPD scheinen die Koalition für eine Art Dauer-Weihnachten zu halten, und die Steuerzahler für wahre Dukatenesel. Die Summe der auf Fachebene schon vereinbarten Wünsche summiert sich inzwischen auf einen hohen zweistelligen Milliardenbetrag. Nur steigen die Steuereinnahmen des Bundes nicht entsprechend. 1,3Milliarden, so die gestrige Steuerschätzung, beträgt der zusätzliche Spielraum in diesem Jahr. Damit kommt man nicht weit. Und es gibt auf der anderen Seite die Schuldenbremse, die hoffentlich selbst die neue 80-Prozent-Mehrheit im Bundestag nicht umgehen wird. Sie steht im Grundgesetz. Man kann schon jetzt merken, dass im Bundestag die FDP fehlt. Vielleicht nicht diese FDP (die, als sie mitregierte, erst einmal die Hoteliers bediente), aber eine Kraft, die da sagt, dass es mal reichen muss mit den Einnahmen, dass man sparen muss, wenn man woanders etwas zusätzlich ausgeben will, und dass die Sozialkassen nicht den Koalitionären, sondern Arbeitnehmern und Arbeitgebern gehören. Im neuen Bundestag jedenfalls gibt es derzeit nur Umverteiler und Steuererhöher, die - von links nach rechts - mal etwas mehr, mal etwas weniger entschlossen sind, die Staatsquote weiter anzuheben. Was ihre Macht mehrt, einem Land aber selten gut getan hat. Von echtem Schuldenabbau - in fetten Jahren eigentlich ja auch keine schlechte Idee - redet ohnehin niemand. Wolfgang Schäuble, Angela Merkel und Sigmar Gabriel werden die Wunschzettel ihrer Fach-Unterhändler in wenigen Wochen wohl oder übel zusammenstreichen müssen und sich dabei so fühlen wie arme Eltern, die ihren Kindern Heiligabend bedauernd erklären, dass dieses Jahr von den Wünschen Smartphone, Laptop und teure Marken-Jeans leider nur ein T-Shirt drin war. Plus ein Kinogutschein. Die Parteispitzen hätten gar nicht erst so hohe Erwartungen zulassen sollen, die inzwischen nicht nur Erwartungen der Koalition sind, sondern auch Erwartungen an die Koalition. Oder doch Steuererhöhungen als Ausweg? Dagegen steht das Wort der Union, dagegen stehen auch die Zahlen. 620 Milliarden Euro Steuereinnahmen 2013, nein, an Geld mangelt es dem Staat nicht. Es ist aber zum Teil, wie immer im Leben, falsch verteilt. Hier kommen die Besitzstände ins Spiel. Wenn selbst die Wirtschaftsverbände jede Streichung von Subventionen schon als Steuererhöhung verketzern - vor allem wenn es sie selbst betrifft -, hat die Politik natürlich kaum noch Handlungsmöglichkeiten. Dabei harren aus der alten Koch-Steinbrück-Liste des Subventionsabbaus immer noch rund 60 Milliarden Euro der Realisierung. Nicht zu reden von den 200 Milliarden für die Familienförderung, die nicht alle wirklich helfen und doch so tabu sind, dass es immer nur neue Leistungen gibt, wie das Betreuungsgeld. Aber nie weniger. Und ähnlich ist es, wenn man jede Verschiebung innerhalb des Steuersystems aus ideologischen Gründen ablehnt, selbst wenn das Gesamtaufkommen gleich bleibt. So muss es in Deutschland auf ewig bei den unsinnigen Umsatzsteuerausnahmen bleiben (19Prozent für Babywindeln, aber nur sieben Prozent für Hundefutter). Und so kann man in Deutschland auch niemals an die angesichts der Vermögensschere skandalös niedrige Besteuerung von Erbschaften und großen Vermögen herangehen, um mit dem Geld zum Beispiel die Kalte Progression zu beseitigen und die Binnenkonjunktur anzukurbeln. Deutschland, reiches Steuerland, und doch so gestaltungsunfähig? Fett und bewegungslos? Da läuft etwas falsch.
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