Lausitzer Rundschau: Das große Bildungsmanko Datenreport zur sozialen Lage in Deutschland
Cottbus (ots)
Mit nackten Zahlen und Statistiken ist das immer so eine Sache. Lassen sie sich doch oft in alle möglichen Richtungen interpretieren, je nachdem, wie es gerade passt. So dürfte es wohl auch kein Zufall sein, dass der jüngste Report zur sozialen Lage in Deutschland jetzt in der entscheidenden Phase der Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD veröffentlicht wurde. Schließlich war der Wahlkampf stark von Gerechtigkeits- und Umverteilungsdebatten geprägt. Diesen Geist atmet auch der aktuelle Befund. Demnach hat sich zwar die Beschäftigung in Deutschland vorbildlich entwickelt, aber gleichzeitig ist auch das Armutsrisiko gestiegen. Für beide Entwicklungen gibt es zweifellos viele Belege. Doch ist es problematisch, daraus einen Widerspruch zu konstruieren. Ja, es stimmt, dass der Job-Boom viel mit dem Aufschwung der Teilzeitbeschäftigung zu tun hat, die wiederum zumeist von Frauen ausgeübt wird. Doch wie würde es diesen Frauen eigentlich ohne solche Jobs gehen? Sicher hätten viele von ihnen gern eine Vollzeitbeschäftigung. Aber nicht wenige haben sich auch bewusst für eine verkürzte Arbeitszeit entschieden. Sei es wegen der Familie, oder ganz einfach, um unter Menschen zu sein. Im Fachjargon gelten solche Tätigkeiten jedoch als "atypische Beschäftigung". So bekommt eine im Prinzip begrüßenswerte Entwicklung einen negativen Anstrich verpasst. Bei der befristeten Beschäftigung ist es genauso. Auch sie gilt als "atypisch". Verschwiegen wird dabei, dass aus der Befristung nach einer Einarbeitungsphase zuletzt immer häufiger eine unbefristete Stelle geworden ist. Zweifellos gibt es Verwerfungen auf dem Arbeitsmarkt. Dumpinglöhne gehören abgeschafft, genauso wie unzumutbar lange Arbeitszeiten. Deshalb bleibt die Rekordbeschäftigung in Deutschland aber trotzdem ein Riesen-Erfolg. Was in dem aktuellen Report hingegen wirklich zu denken geben muss, ist die offenkundige Tatsache, dass es Personen mit niedrigem Arbeitseinkommen nur selten gelingt, der Armutsgefährdung zu entfliehen, sprich, sich nach "oben" zu arbeiten. Der Grundstein dafür wird schon im deutschen Bildungssystem gelegt. In kaum einem anderen entwickelten Industriestaat entscheidet die soziale Herkunft so sehr über den weiteren Lebensweg und die Aufstiegschancen der Menschen wie hierzulande. Da war die Republik schon mal deutlich weiter. Diesem Problem muss sich die neue Bundesregierung konsequent stellen. Es könnte sogar zu ihrer Leitidee werden. Bislang ist der schöne Begriff von der Bildungsrepublik Deutschland nämlich weitgehend eine Worthülse geblieben. Dabei werden Fachkräfte händeringend gesucht.
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