Lausitzer Rundschau: Gut gemeinte Hilflosigkeit Zu den Reaktionen auf das Flüchtlingsdrama
Cottbus (ots)
Das Meiste, was jetzt von den europäischen und deutschen Obrigkeiten erklärt wird, ist nur hektisches, scheinbetroffenes Wortgeklingel, bestenfalls gut gemeinte Hilflosigkeit. Libyen stabilisieren. Viel Spaß mit dem IS und den Warlords, die dort wüten. Die Fluchtwelle an ihren Ursachen bekämpfen, in den Herkunftsländern. Nur zu, ganz Afrika wartet darauf. Eine Milliarde Menschen, 54 Staaten, die Hälfte davon in katastrophalem Zustand oder schon zerfallen, die andere Hälfte auf dem Weg dorthin. Den Schleusern das Handwerk legen. Nett gesagt, aber wie umsetzen, wenn man keine Polizeigewalt hat an den Stränden, auf denen die Boote liegen? Dann gibt es die radikale Gegenposition derjenigen, die sich Humanisten dünken: legale Zuwanderungswege eröffnen. Ein Ventil. Aber das reicht nicht, um den Druck aus dem Kessel zu nehmen. Jene Flüchtlinge, die auf diese Weise kein Einreisevisum bekommen, werden dann doch weiter die unsicheren Wege wählen. Also alle reinlassen? Das ist die letzte Konsequenz. Aber wie viele wären das? Eine Million, die jetzt schon an den Grenzen auf eine Chance warten? Mehr? Europa hat keine schlüssige Antwort auf das Drama, weil es keine Antwort gibt, jedenfalls keine kurzfristige. Es hat nur Reflexe. Immerhin, der simpelste Reflex scheint noch zu funktionieren, die Barmherzigkeit, die pure Menschlichkeit vor nackter, unmittelbarer Not. Wir können nicht zuschauen, wie die Menschen absaufen. Das ist unerträglich. Also wird die Seenotrettung wieder aufgenommen. Es war ein schwerer Fehler, sie abzuschaffen. Aber auch dieser Reflex wird nur neue Probleme schaffen. Niemand sollte sich damit beruhigen. Die Schleuser werden nur noch mehr Flüchtlinge auf ihre Boote locken, und diese noch mehr überladen. Außerdem gibt es nicht nur die eine Hauptroute nach Italien, auf der gerettet werden muss. Es ist, wie das gestrige Schiffsunglück vor Rhodos zeigt, das ganze Mittelmeer. Sie kommen von überall her. Sogar über den Atlantik in Richtung Kanaren. Mare Nostrum II wird dauerhaft keine Lösung sein. Und was ist mit den Zigtausenden, die in den Wüsten verdursten? Keine Bilder, also keine Hilfe? Die Bilder werden auch noch kommen. Die Teilung der Welt in Arm und Reich hat im Mittelmeer zu apokalyptischen Situationen geführt. Sie stürzen Europa immer tiefer in ein furchtbares Dilemma. Jedes Nichthandeln kostet Menschenleben. Und jedes Handeln auch. Man hätte es nie so weit kommen lassen dürfen. Und darf es deshalb so nicht lassen.
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