Lausitzer Rundschau: Die flexible Null - Regierung beschließt Maßnahmenpaket für Flüchtlinge
Cottbus (ots)
Streng genommen kann die Union nur auf wenige Errungenschaften verweisen, die sie der SPD beim gemeinsamen Regieren abgetrotzt hat. Ihre politische Kraft erschöpfte sich bislang eher in der Abwehr sozialdemokratischer Begehrlichkeiten. Was aus Sicht der C-Parteien bleibt, sind die Mütterrente, ein paar kaum spürbare Steuererleichterungen - und natürlich die schwarze Null im Bundeshaushalt. Immerhin hat es mehr als vier Jahrzehnte gedauert, bis mit Wolfgang Schäuble wieder ein Kassenwart ins Amt kam, der aktuell nicht mehr ausgibt, als er von den Bürgern und Unternehmen an Steuern und Abgaben einnimmt. Doch seit immer mehr Flüchtlinge die deutschen Grenzen überqueren, wachsen auch die Zweifel, ob Bundeshaushalte ohne neue Schulden ein Dauerläufer sind. Schäuble selbst hat diese Skepsis genährt, als er kürzlich davon sprach, die schwarze Null "wenn möglich" weiter zu gewährleisten. Der Mann baut vor. Und damit ist er klug beraten. Zwar geht es der deutschen Wirtschaft prächtig, und die Steuerquellen sprudeln so kräftig wie nie zuvor. Doch keiner vermag seriös vorherzusagen, wie sich die Flüchtlingskrise weiter entwickelt. Was, wenn die Asylverfahren doch länger dauern als fünf Monate, auf denen Schäubles finanzielle Kalkulation beruht? Was, wenn die Integration mehr schlecht als recht gelingt und deshalb immer größere Zahlungen aus dem Hartz-IV-Topf fällig werden? Allein das sind schon Unwägbarkeiten genug. Nun gibt es sicher auch Möglichkeiten, die schwarze Null unter allen Umständen einzuhalten. Schäuble könnte zum Beispiel die Einnahmen, sprich Steuern, erhöhen. Aber das ist in der gegenwärtigen Phase wirtschaftlicher Stärke politisch kaum vermittelbar. Genauso wenig kommt ein rigider Sparkus in Betracht. Die Kosten für die Flüchtlinge gegen sanierungsbedürftige Straßen oder Schulen auszuspielen, wäre pures Gift für die Willkommenskultur. Dumpfe Krawallmacher bekämen dadurch erst recht Auftrieb. Und dem Sparen bei den Flüchtlingen selbst hat das Bundesverfassungsgericht enge Grenzen gesetzt - auch die Neuankömmlinge haben ein Recht auf das Existenzminimum. Schäuble ist daher kein Pessimist, sondern Realist, wenn er die Möglichkeit neuer Kredite nicht mehr kategorisch ausschließt. Nüchtern betrachtet ist die schwarze Null ja auch gewissermaßen das politische Sahnehäubchen auf der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse. Demnach darf der Bund durchaus bis zu einem gewissen Umfang neue Kredite aufnehmen, ohne die Spielregeln zu verletzten. Daraus wurde das zweifellos nachvollziehbare Dogma des Bundes, die Schuldenbremse "überzuerfüllen". Angesichts der enormen Herausforderungen im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise steckt Schäuble in der Zwickmühle. Gut möglich, dass er sich von der schwarzen Null verabschieden muss. Man kann es auch mit "Flexibilität" umschreiben, die Angela Merkel dem Land verordnet hat.
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