Lausitzer Rundschau: Eigenständig bockbeinig Bundesrat vertagt Gesetz über sichere Herkunftsländer
Cottbus (ots)
Es ist schon ein Jammer: Im Mittelpunkt der jüngsten Sitzung des Bundesrates sollte eigentlich die Verabschiedung des Gesetzes zur Einstufung von Marokko, Algerien und Tunesien als sichere Drittstaaten stehen. Doch wegen der Blockadehaltung der Grünen wurde der Tagesordnungspunkt ohne großes Tamtam gestrichen. Auch Union und SPD war es am Ende recht so. Nur kein weiteres Aufsehen erregen, lautete offenbar die Devise. Schließlich geht um weit mehr als nur um grüne Befindlichkeiten. Wem die hitzigen Debatten der vergangenen Monate zu dem Thema noch in den Ohren klingen, mag sich über den aktuellen Winkelzug wundern. Inhaltlich lässt er sich auch nicht rechtfertigen. Die Grünen im Bundesrat haben einer Ausweitung der Liste sicherer Staaten bereits zwei Mal zur Mehrheit verholfen. In beiden Fällen ging es um Flüchtlinge aus Balkanländern, deren Anerkennung als Asylberechtigte in Deutschland gegen null tendiert. Genauso verhält es sich auch bei den Asylanträgen von Menschen aus Nordafrika, auf die das aktuelle Gesetzesvorhaben zielt. Im Falle Tunesiens zum Beispiel beträgt die Anerkennungsquote lediglich 0,5 Prozent. Was liegt da näher, als solche Verfahren zu straffen, um sich in den Verwaltungen stärker auf diejenigen zu konzentrieren, die wegen ihrer politischen Verfolgung ernsthafte Aussichten auf ein Bleiberecht haben? Wichtig zu wissen ist auch, dass der Status sicherer Herkunftsstaaten zwar eine verkürzte Bearbeitungsfrist bedeutet, aber nicht eine Abschaffung der individuellen Verfahren. Verfolgte aus den Maghreb-Staaten hätten also durchaus weiter Chancen auf Asyl. Vor diesem Hintergrund klingt auch eine Alternativ-Idee der Grünen sehr bemüht, beim Unterschreiten einer bestimmten Anerkennungsquote für Menschen aus einem bestimmten Land automatisch nach dem Muster sicherer Herkunftsstaaten zu verfahren. Das Vorhaben der Großen Koalition bedeutet letztlich nichts anderes. Nein, worum es wirklich geht, sind parteitaktische Erwägungen. Die Grünen werden schon länger als schwarze Regierungsreserve gehandelt. Da kann ein Stück bockbeinige Eigenständigkeit zur Abwechslung nicht schaden. Obendrein werfen die nächsten Wahltermine ihre Schatten voraus. Die große Mehrheit der Bevölkerung will eine strenge Begrenzung der Flüchtlingsströme, Anhänger der Grünen mögen das nur bedingt. Deshalb dürfte der Partei die Verweigerung auch nicht schaden. Den Schaden haben Union und SPD, die den Menschen eine nachhaltige Reduzierung der Asylbewerberzahlen versprochen haben. Da hängt man die Vertagung des überfälligen Gesetzes besser tiefer.
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