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Lausitzer Rundschau: Die Mechanismen des Krieges Am Sonntag jährt sich der Absturz von MH17 zum zweiten Mal

Cottbus (ots)

Es gibt diese historischen Momente: Ein einzelnes Ereignis oder auch nur ein Bild geben dem Verlauf eines Krieges, einer Großkrise oder der gesamten Geschichte eine Wende. Man denke an das Massaker von My Lai im Vietnamkrieg und die berühmte Reportage des US-Journalisten Seymour Hersh über diesen Massenmord. Durch die Veröffentlichung wurde der Krieg für die US-Führung faktisch bald unführbar. Der Abschuss einer Boeing 777 über der Ostukraine vor zwei Jahren (Flug MH17) hätte ein solcher Moment sein können. 298 Menschen starben, darunter 80 Kinder. Bilder von der Aufschlagstelle zeigten später mutmaßlich betrunkene prorussische Separatisten, die vor den Kameras rauchend mit den Teddybären von getöteten Kleinkindern posierten. Es kann nach den vorliegenden Ermittlungsergebnissen kaum einen ernsthaften Zweifel daran geben, dass die Separatisten das Flugzeug vom Himmel geholt haben, wahrscheinlich aus Versehen, aber das macht es nicht besser. Die ukrainischen Behörden haben versagt, weil sie den Luftraum über dem Kriegsgebiet nicht gesperrt haben. Beide Seiten hätten also genug Gründe gehabt, innezuhalten und sich zu fragen: Was tun wir hier bloß? Dennoch kam es im Ukraine-Krieg zu keinem My-Lai-Moment. Das hat mehrere, durchaus zynische Ursachen. Zum Ersten war der Krieg noch "zu frisch". Erst vier Monate zuvor hatte Russland die Krim erobert. Im Donbass wurde noch keine zwei Monate geschossen. Es gab keine Kriegsmüdigkeit wie im Vietnamkrieg. Außerdem gelangten die Berichte über das Geschehen weder in der Ukraine noch in Russland ungefiltert an die Öffentlichkeit. Im Gegenteil: Vor allem in Russland lief eine Propagandamaschine an, die alle Energie darauf verwendete, die eigene Bevölkerung zu desinformieren und die Ukrainer für den Abschuss verantwortlich zu machen. Das ist bis heute so geblieben. Und wer sich daran erinnert, dass auch die Hersh-Reportage über das My-Lai-Massaker lange unveröffentlicht blieb, weil sich in den USA niemand an das Thema herantraute, der erkennt darin die Mechanismen kriegführender Gesellschaften. Demokratisch verfasste Staatswesen verfügen allerdings immerhin über die Stärke, sich zu korrigieren und Verbrechen aufzuarbeiten. Das ist in Diktaturen wie der russischen, in der Väterchen Stalin noch immer verherrlicht wird, nicht der Fall.

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