Lausitzer Rundschau: Vorübergehend außer Betrieb Zur Tagung der OSZE in Hamburg und zu neuen Herausforderungen
Cottbus (ots)
In der historischen Perspektive ist die OSZE ein spätgeborenes Kind des Kalten Krieges. Sie ist hervorgegangen aus der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE), die einen Höhepunkt der Entspannungspolitik zwischen Ost und West markierte. Daran zu erinnern, ist in diesen Wochen besonders wichtig, denn der Verweis auf die Ursprünge der OSZE deutet auf ihre unsichere Zukunft hin. Das weltpolitische Umfeld wird sich 2017 deutlich ändern. Der künftige US-Präsident Donald Trump ist ebenso ein bekennender Verächter des Multilateralismus wie Kremlchef Wladimir Putin. Trump will politische Geschäfte machen (deal-making), um seine Ziele zu erreichen. Internationale Verträge und Organisationen können dabei nur stören. Trump hat nicht zufällig dem Weltklimapakt, allerlei Freihandelsverträgen, der Uno und sogar der Nato sein Misstrauen ausgesprochen. Die OSZE, die im Ukraine-Konflikt als Schlichtungs- und Überwachungsinstanz eine wichtige Rolle spielt, wird in Hamburg gerade auf ein Abstellgleis rangiert. Trump hat derweil angekündigt, das Gespräch mit Putin zu suchen und unter Männern über Streitfragen wie Syrien, die Ukraine oder die Raketenabwehr in Osteuropa zu sprechen. Das muss nicht in einem Desaster enden. Manches spricht sogar dafür, dass der Kreml in einem solchen Gebaren eben jene Wiederaufwertung Russlands zur Großmacht sehen würde, die sich Putin so sehnlich wünscht. Auf dieser Basis könnte es also nicht nur zu Deals, sondern zu echten Durchbrüchen kommen. Das Problem ist nur: Niemand weiß, wie verlässlich solche Absprachen wären. Niemand weiß auch, ob die betroffenen Staaten, ihre politischen Führer und die Völker mitspielen würden. Was geschieht zum Beispiel in der Ukraine, wenn Trump sich mit Putin darauf einigen sollte, die Krim und den Donbass Russland zu überlassen, während die Rest-Ukraine freies Geleit auf ihrem Weg nach Westen bekäme? Gehen die Ukrainer dann zur Tagesordnung über? Noch einmal: Im besten Fall kann so etwas funktionieren. Zugleich allerdings würde das verheerende Signal ausgesandt, dass völkerrechtliche Verträge das Papier nicht wert sind, auf dem sie stehen. Es wäre eine Rückkehr ins 19. Jahrhundert, so wie Putins Annexion der Krim ein imperialistischer Eroberungszug war. Es wird deshalb entscheidend darauf ankommen, Trump und Putin, falls sie zueinander finden sollten, trotz allem in ein multilaterales Korsett wie die OSZE zu zwingen. Europa, China und der Rest der Welt haben dazu sehr wohl die Kraft. Die Zeit der Supermächte ist vorbei.
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