Lausitzer Rundschau: Der Kanzler und die eigene Mehrheit
Cottbus (ots)
Von wegen nur noch schnell die mühsam ausgehandelten Reformen über die parlamentarische Hürde gebracht und Weihnachten kann beginnen. Nein, Gerhard Schröder hat sich und seine Koalition auf den letzten Metern noch einmal mächtig unter Zugzwang gesetzt. Mit der Festlegung auf eine "eigene Mehrheit" glaubt der Kanzler wohl, die Reformfähigkeit seines angeschlagenen Bündnisses gegenüber einer starken Opposition deutlich machen zu müssen. Es ist diesmal jedoch ein falscher und vor allem ein unnötiger Weg, den Schröder geht. Der Kanzler setzt sich selbst und seine Koalition unter erheblichen Druck. Aus Angst, dass das Abstimmungsergebnis am Freitag von der Union als netter Spielball aufgenommen werden könnte. Schröder gibt der Opposition aber gerade dadurch eine Steilvorlage, weil er die Kritiker in seinen Reihen aufwertet und der munteren Selbstzerfleischung unter Roten und Grünen wieder Tür und Tor öffnet. Dabei hätte er mit dieser Frage wahrlich anders als zuvor umgehen können: Regierung und Opposition sind im Vermittlungsausschuss nämlich de facto eine große Koalition in Sachen Reformen eingegangen. Und die gilt gerade dann, wenn die Pläne ins Gesetzblatt gehievt werden müssen - eigene Mehrheit also hin oder her. Jeder weiß doch überdies, dass die Reformen sein müssen, der Kompromiss jedoch viele Väter, Mütter und auch Kritiker hat. Insofern ist des Kanzlers Forderung erst Recht ziemlich unbedacht und fahrlässig gewesen.
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