Lausitzer Rundschau: Der Kampf um die EU-Kasse
Cottbus (ots)
Kaum klingt der Gipfel-Schock ab, weicht die lähmende Krisenstimmung einem bösen Erwachen, da kommt der nächste Schlag ins Brüsseler Kontor. Sechs Staats- und Regierungschefs signalisieren per gemeinsamem Schreiben, dass sie den Geldfluss zur EU trotz Erweiterung der Union nicht ausbauen wollen. Bravo! Ist Sparen angesichts leerer Kassen und wachsender Schulden nicht angesagt? Ohne Zweifel wäre es gut, den 100 Milliarden Euro starken Gemeinschaftshaushalt, von dem die Hälfte allein durch Agrarsubventionen gebunden ist, zu durchforsten. Aber der Sechser- Spar-Apell schaut nicht danach aus, als dass es ums Geld ginge, sondern um die Geldkeule. Gab es da nicht die Widerspenstigen vom Wochenende, die Spielverderber beim Verfassungspoker? Sicher haben Polen und Spanien mit ihrer starren Haltung eine Einigung verhindert. Aber das dürfte einigen der Staats- und Regierungschefs nicht Unrecht gewesen sein: Tony Blair mindestens reiste nach dem Abbruch der Verhandlungen vieler Probleme entledigt erleichtert nach London zurück. Und Jacques Chirac gab noch vor Beginn des Sitzungs- marathons bekannt, dass er im Grunde seines Herzens keine Verfassung wünscht. Dem Pariser Politiker ist die Erweiterung eh Dorn im Auge. Er träumt vielmehr vom Ausbau der deutsch-französischen Allianz zum Kerneuropa. Und da passen die Newcomer aus dem Osten nicht ins Konzept. Und Gerhard Schröder? Der deutsche Kanzler sitzt mit in Chiracs Traumboot in Richtung einer kleinen Union. Mit dem Erfolgsinteresse am Gipfel war es also nicht weit her. Gut nur, oder besser gesagt, bestens orchestriert, dass die "schwarzen Peter" woanders auszumachen waren. Polen und Spanien - die beiden Nein-Sager waren leichte Opfer. Damit sie ihre Lektion in Europapolitik lernen und begreifen, wo der Bartel den Most holt, kriegen diese größten Empfänger von EU-Geldern jetzt die Quittung. Das schaut nicht nach vernünftigem Sparaufruf aus, sondern nach unverblümter Rache.
ots-Originaltext: Lausitzer Rundschau
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