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Lausitzer Rundschau: Zu Mannesmann-Prozess: Nehmer-Qualitäten

Cottbus (ots)

Die Lausitzer Rundschau, Cottbus, zu
Mannesmann-Prozess:
Das Bild ist vielen ein innerer Vorbeimarsch. Die erste Garde der
Deutschland AG, der Chef-Banker ebenso wie der Gewerkschaftsboss,
sitzt auf der Anklagebank. Der Vorwurf zu Deutsch: Selbstbereicherung
in besonders schwerem Fall. Zulasten eines Unternehmens samt dessen
Anteilseignern und Mitarbeitern. Allein für Schadenfreude jedoch ist
die Sache zu ernst. Der Mannesmann-Prozess verlangt einem Gericht
erstmals Antworten auf Fragen ab, die zwar eine klare moralische,
aber nur eine sehr unklare juristische Komponente haben. Natürlich
haben Aufsichtsräte jedes Maß verloren, wenn sie nach geschlagener
Übernahmeschlacht 57 Millionen Euro auf die Konten der Vorstände
anweisen. Für dieses Geld ließe sich die Cottbuser Uni über ein Jahr
lang voll finanzieren. Alternativ wären rund 4000 ABM- Stellen in der
Lausitz zu haben. Dass Deutsche-Bank-Chef Ackermann die Anklage
dennoch als ein Phänomen deutscher Kleinkariertheit anprangert,
spricht nicht nur für seine Arroganz. Noch mehr belegt es die
Nehmer-Qualitäten vieler Top-Manager. Die satten Millionen-Prämien
mit der Steigerung des Unternehmenswertes zu rechtfertigen, ist nur
überzeugend, wenn im - zuletzt viel häufigeren - Fall der
gigantischen Wertvernichtung die Verantwortlichen in den Chefetagen
ebenso in die Pflicht genommen würden. Davon aber will ein Ackermann
nichts wissen. Nicht minder doppelzüngig spricht Gewerkschafter
Zwickel. Allzu gern geißelt er der Bosse Raffgier. Offenbar tut er
dies nur dann, wenn er die Zahlungsanweisung nicht selbst
unterschrieben hat. Für die alltägliche Realität in den mitbestimmten
Kontrollgremien unserer Unternehmenslandschaft lässt das Schlimmstes
befürchten. Justiziable Kategorien sind das freilich nicht. Daher
sollte sich keiner zu große Hoffnungen machen, dass die moralischen
Urteile der Maßlosigkeit und Selbstbedienung im Tatbestand der
Untreue eine juristische Entsprechung finden. Dennoch hat der
Mannesmann-Prozess schon mit seiner Eröffnung einen außerordentlich
wichtigen Zweck erfüllt. Er schärft das Bewusstsein dafür, wie sich
die Vorstände zusammen mit ihren Kontrollgremien an der Spitze
deutscher Vorzeigeunternehmen eingerichtet haben.
ots-Originaltext: Lausitzer Rundschau

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