Lausitzer Rundschau: Die LAUSITZER RUNDSCHAU Cottbus zu Debatte um längere Arbeitszeiten
Cottbus (ots)
Der Streit beim deutschen Klassen-Primus DaimlerChrysler um Tarifvereinbarungen und Sparaktionen kommt den Arbeitgebern und Gewerkschaften wie gerufen. Beide Seiten sehen in diesem Konflikt die einmalige Chance, ihre Positionen grundsätzlich durchzufechten und sich im allgemeinen Verteilungskampf zu profilieren. Tatsächlich kommt dieser Auseinandersetzung eine Schlüsselbedeutung zu, denn sie wird auch die Frage beantworten, welchen Weg der Standort Deutschland im globalen Wettbewerb gehen wird. Mehr noch als die Firma Siemens, die das Thema Arbeitszeitverlängerung gesellschaftsfähig gemacht hat, steht Daimler-Benz für Made in Germany, ist die Marke Mercedes ein Synonym für den grandiosen Wirtschaftserfolg der Bundesrepublik. Bei den Schwaben herrscht höchstes Niveau, in jeder Hinsicht: Hervorragende Produkte, die sich im In- und Ausland prima verkaufen lassen, beste Arbeitsbedingungen und Spitzenlöhne, die die Tarifparteien einvernehmlich ausgehandelt haben - zum Wohle aller Beteiligten. Die Kernsparte des Unternehmens ist kerngesund und dem Gesamtkonzern würde es noch besser gehen, wenn die hoch bezahlten Manager nicht gravierende Fehlentscheidungen getroffen hätten. Die 160 000 Mitarbeiter wurden nicht gefragt, ob sie mit dem Gigantismus der Vorstände einverstanden sind. Aber jetzt sollen sie mithelfen, die Milliardenverluste bei den Abenteuern Chrysler und Mitsubishi auszubügeln. Genau das ist das Problem: Die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Diejenigen, die am Band die Wertschöpfung schaffen, sollen nun zurückstecken. Die feineren Kollegen in den oberen Etagen aber langen seit Jahren immer ungenierter zu und gönnen sich Gehälter, von denen Facharbeiter nur träumen können. Auch diese Tatsache trägt bei zu dem Reflex des Widerstandes, der jetzt an allen Ecken in Deutschland zu beobachten ist. Dass die Protestierer dabei über das Ziel hinausschießen und gleich von "Krieg" sprechen, belegt den Grad der Entfremdung, der zwischen den Tarifparteien entstanden ist. Doch bei aller berechtigten Kritik, die an den Spitzenmanagern Schrempp und Hubberts zu üben ist: So einfach, wie sich die Gewerkschaften das vorstellen, ist die Sache nicht. Auch Mercedes steht hart im Wettbewerb, muss sich den Angriffen der Konkurrenz erwehren. Auch Stuttgart ist keine Insel der Seligen mehr, wo man zwar fleißig, aber unbeschwert auf einen sicheren Arbeitsplatz vertrauen konnte. Und wer es immer noch nicht kapiert hat, weiß spätestens jetzt: Die Zeiten haben sich verändert, die Bedingungen werden härter. Deshalb stellt sich nicht mehr die Frage, ob die Arbeitnehmer einen Sparbeitrag leisten, sondern in welcher Höhe. Wenn die Daimler-Führung klug ist, hört sie auf, die Mitarbeiter mit unsachgemäßen Äußerungen ("baden-württembergische Krankheit") und billigen Drohungen zu provozieren. Dieses unwürdige Verhalten strahlt ab ins ganze Land, es verhärtet die Fronten statt sie aufzuweichen. Die Bürger sind bereits genug verunsichert. Es ist weder im Interesse des Unternehmens noch des Standorts Deutschland, diesen Konflikt auf die Spitze zu treiben.
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