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Lausitzer Rundschau

Lausitzer Rundschau: Notwendiger Disput

Cottbus (ots)

Die Lausitzer Rundschau, Cottbus, zur Eröffnung
der Flick- Ausstellung:
Nach jahrelanger Debatte ist sie gestern eröffnet worden, die
umstrittene Ausstellung Flick-Collection. Aber was eigentlich ist
umstritten? Die Ausstellung? Die wohl nicht, denn die Kunstwerke, die
Friedrich Christian Flick zusammengetragen hat, bilden eine der
künstlerisch wertvollsten Sammlungen der Welt. Solche Kunst zu
sammeln und andere Menschen daran teilhaben zu lassen, ist höchst
ehrenwert. Umstritten ist der Name Flick. Friedrich Flick, der
Großvater des Kunstsammlers, war einer der wichtigsten
Rüstungsproduzenten Hitlers, eine seiner zuverlässigsten Stützen. 50
000 Zwangsarbeiter schufteten in den Flick-Werken, ohne einen Pfennig
Lohn zu erhalten. Flick hingegen häufte ein riesiges Vermögen an.
Genau darauf beziehen sich Kritiker, wenn sie von Blutgeld sprechen,
das auch mit Kunst nicht reingewaschen werden kann. Die Sammlung ist
mindestens 300 Millionen Euro wert. Wie viel davon stammt aus dem
großväterlichen Vermögen, das eigentlich gar nicht existieren dürfte?
Die Enteignung der Nazi- und Kriegsverbrecher hatten die Alliierten
im Potsdamer Abkommen verankert, und Friedrich Flick war als solcher
verurteilt worden? Wie konnte er dann nach der Haftentlassung aus den
Resten seines Stahlimperiums einen bundesdeutschen Industriegiganten
formen? Flick gehörten 40 Prozent des Daimler-Kapitals und Firmen wie
Feldmühle, Dynamit Nobel und Buderus. Die Fragen führen zum
eigentlichen Problem – der Nachkriegsentwicklung in Deutschland,
einer nicht konsequent umgesetzten Entnazifizierung, dem Verdrängen
statt dem Aufarbeiten der Vergangenheit. So ist es nicht nur eine
Frage mangelnder Moral, dass es jahrelanger Bemühungen bedurfte,
einen Entschädigungsfonds für die etwa zehn Millionen zur
Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppter Menschen einzurichten.
Dass der Fonds erst im März 2000 gegründet wurde, hat etwas mit der
mangelnden Bereitschaft unserer Gesellschaft zu tun, die unangenehme
Vergangenheit tatsächlich anzunehmen. Das- selbe Problem scheint
Friedrich Christian Flick zu haben. Er distanziert sich von den
Kriegsverbrechen seines Großvaters, mit denen er nichts zu tun hat
und für die er sich deshalb auch nicht entschuldigen muss. Wie er
selbst sagt, kann ihm aber niemand die Verantwortung für die
Familiengeschichte in der NS-Zeit abnehmen. Hätte er sie wahrgenommen
und wie seine beiden Geschwister in den Entschädigungsfonds
eingezahlt, wäre vielleicht auch sein Kunst- Engagement anders
bewertet worden. Es ist gut, dass diese Ausstellung stattfindet,
vielleicht gerade unter dem Namen Flick. Weil sie dem Kunstgenuss den
politischen Disput zur Seite stellt. Es ist die Chance, über das Erbe
der Nazizeit neu zu diskutieren und nicht allein über einen Erben.
ots-Originaltext: Lausitzer Rundschau

Rückfragen bitte an:

Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481231
Fax: 0355/481247
Email: lr@lr-online.de

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