Lausitzer Rundschau: Zu Knesset/Gazastreifen: Plan mit Für und Wider
Cottbus (ots)
Die Lausitzer Rundschau, Cottbus, zu Knesset/Gazastreifen:
Der Abschied von Erez Israel in biblischen Ausmaßen ist vollzogen, der Gazastreifen wird palästinensisch, die Siedlungen werden geräumt. Theoretisch. Doch bis in einem Jahr dies alles auch in der Praxis geschieht, muss Ariel Scharon noch einige politische Herkulesakte vollbringen größere als der Abstimmungssieg über seinen einseitigen Loslösungsplan in der Knesset. Viele trauen dem 76-jährigen militärischen Haudegen und politischen Hasardeur dies nicht zu. Weniger wegen fehlenden Könnens als wegen nicht vorhandenen Willens. Dieses Misstrauen hat Scharon von allem Anfang an, als er die Umrisse seines Planes skizzierte, begleitet. Aber bisher hat er seine Kritiker Lügen gestraft, seine Gegner ausgetrickst. Scharon hat Kredit verdient. Er hat viel riskiert, namentlich den Verlust der Macht, bis er jetzt das Parlament für die Zustimmung zu seinem Plan gewann, oder besser wohl es dazu zwang. Doch noch ist sein Plan nur Papier, Armee-Abzug und Siedlungs-Räumungen bloße Theorie. Den Reden und den Abstimmungen über den Loslösungsplan müssen zuerst flankierende Maßnahmen und danach die eigentlichen Taten folgen. Ein Jahr des Kampfes für dessen Umsetzung und für das Verbleiben an der Macht steht Scharon noch bevor. Eines Kampfes auf Biegen oder Brechen. Zugegeben, Zweifel sind angebracht. Nicht nur, ob Scharons einseitige Loslösung mit der Roadmap, der Straßenkarte zum Frieden des Nahost-Quartettes, vereinbar ist. Nimmt man die Worte seines engsten Vertrauten und Initiators des Planes, Dov Weisglass, für voll, dann strebt Scharon das exakte Gegenteil des von USA, EU, Uno und Russland anvisierten Zieles an: Scharon wolle den palästinensischen Staat verhindern, so Weisglass, nicht gründen helfen. Natürlich geht es auch nicht an, dass Israel den Gazastreifen räumt und dort ein Chaos hinterlässt, ohne auch nur den Dialog mit den Palästinensern gesucht zu haben. Ein einseitiger Truppenabzug ohne Regelungen mit der Gegenseite ist ein Unding. Scharons Plan weist viele Tücken und Streitpunkte auf. Trotzdem ist er positiv zu werten und Scharon in seinen Umsetzungsbemühungen zu unterstützen. Schließlich bringt er für 1,3 Millionen Palästinenser etwas mehr Freiheit, für die Palästinenser insgesamt die Aussicht auf einen eigenen Staat. Für die Israelis wirtschaftliche und wohl auch militärische Erleichterungen. Und für beide, Palästinenser und Israelis, birgt er die Hoffnung auf bessere Zeiten.
ots-Originaltext: Lausitzer Rundschau
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