Lausitzer Rundschau: Zu SPD/Wahlmanifest: Genossen in Spendierhosen
Cottbus (ots)
Die Lausitzer Rundschau, Cottbus, zu SPD/Wahlmanifest:
Die SPD und ihr Kanzler haben ein Problem. Zwischen erklärtem Machtanspruch und schmeichelhafter Selbsteinschätzung der geleisteten Regierungsarbeit auf der einen und der herben Bewertung durch die Wähler auf der anderen Seite klafft eine Lücke. Mit jeder Woche wird sie größer. Ein Beleg für diese politische Drift sind die Umfrageergebnisse der Meinungsforscher, die die Sozialdemokraten, würde jetzt ein neuer Bundestag gewählt, bei nur noch 27 Prozent sehen. Das Volk will einer rot-grünen Bundesregierung immer weniger folgen, deshalb auch die happigen Wahlniederlagen, zuletzt in Nordrhein-Westfalen. Insofern war der via Vertrauensfrage trickreich inszenierte Selbststurz des Kanzlers auch ein politischer Offenbarungseid. Eine halsbrecherische Flucht nach vorn. Neuwahlen sollen demnächst die Rettung bringen. Gestützt auf ein Wahlmanifest mit 41 Seiten. Nach gestrigen Aussagen von Parteichef Müntefering und Kanzler Schröder soll damit erfolgreich die Mitte der Gesellschaft angesprochen werden, so denn der Bundespräsident oder das Verfassungsgericht nicht noch einen Strich durch die politische Wiedergeburts-Strategie macht. Das Manifest ist einerseits ein auffallend integratives Programm. Es erlaubt, dass sich der rechte und der mächtiger werdende linke Flügel der SPD darin wiederfinden. Andererseits ist diese Integrationsleistung zugleich die Schwäche des Papiers, weil es beliebig zusammengenagelt erscheint und von wohlfeilen Versprechungen strotzt. Spitz formuliert könnte man das Wahlmanifest eine Eier legende SPD-Wollmilchsau nennen. Es gibt im Programm zwar hier und da deutliche Trennschärfen Richtung Union. Aber es umflort in einigen Leitlinien auch der Geist des verlorenen Sohnes Lafontaine, der mit seiner neuen Linkspartei den Genossen im Nacken sitzt. Mit überdimensionierter Sozialstaatlichkeit versucht dieser Linkspopulist, in sozialdemokratischen Revieren zu wildern und wird womöglich Erfolg haben. Das Bedenklichste am SPD-Wahlpapier jedoch ist, dass es in seiner Substanz, würde es umgesetzt, zu einer Haushaltspolitik mit noch mehr Schulden führt, wo doch eine drastische Begrenzung der Kreditaufnahme angesichts neuer Milliardenlöcher in Hans Eichels Etat dringend geboten erscheint. Das wohlklingende Elterngeld ist ein Beispiel dafür. Das Versprechen, wonach Handwerkerrechnungen für Reparaturen im Haushalt künftig bis zu einer Höhe von 3000 Euro steuerlich voll abzugsfähig sein sollen, ein weiteres. Beide Programmpunkte kosten Milliarden. Da mögen Schröder und Müntefering noch so sehr beteuern, es werde schon noch alles solide gegenfinanziert, manchem im Manifest haftet der Ruch des Unsoliden an. Und genau das ist des Pudels Kern. Glaubwürdigkeit und Vertrauen nämlich sind die beiden Kategorien, die mit Blick auf die SPD nach und nach bei vielen Wählern auf der Strecke blieben. Leicht zu durchschauende Spendierhosen in Wahlkampfzeiten tragen aber sicher nicht dazu bei, sie wiederzugewinnen.
ots-Originaltext: Lausitzer Rundschau
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