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Lausitzer Rundschau: Pannen-Parteitag der Linkspartei in Dresden

Cottbus (ots)

Sie sind die Aufsteiger des Jahres. Keine
politische Gruppierung hat aus dem Stand so viel
bundesrepublikanische Bedeutung erlangt wie die in Linkspartei
umgetaufte PDS. Saßen im alten Berliner Parlament gerade einmal zwei
dunkelrote Aktivisten, so sind es jetzt stolze 54. Mehr als vier
Millionen Bürger haben Gysi & Lafontaine ihre Stimme gegeben. Das
Paradoxe daran: Sie votierten allesamt für ein politisches Projekt,
das es eigentlich noch gar nicht gibt. Nur in der Bundestagsfraktion
ist der Schulterschluss zwischen PDS-Leuten Ost und Kampfgefährten
der aus dem Hartz-Frust heraus gegründeten WASG West vollzogen. Im
wahren Parteileben dominieren noch fundamentale kulturelle und
politische Unterschiede, ist man sich zum Teil spinnefeind. Der
jüngste Parteitag der Linkspartei in Dresden sollte die Gräben
überwinden helfen. Als Meilenstein auf dem Weg zur Einheitspartei
hatten die Strategen den Konvent geplant. Aber die Chance wurde nur
unzureichend genutzt. Ja, sie wurde auf dilettantische Art und Weise
verspielt. Nicht, dass es Zweifel an der Annahme eines weiteren
Rahmenabkommens zur Fusion der ungleichen Partner gegeben hätte. Aber
die Stasi-Belastungen des neuen Schatzmeisters in der PDS- Truppe
sorgen für Risse in der schönen Fassade. In Schleswig- Holstein
liegen sich Aktivisten von PDS und WASG seit Wochen in den Haaren,
weil die Linkspartei dort einen Abgeordneten in den Bundestag
entsandte, der seine hauptamtliche Mitarbeit in der einstigen
Spitzel-Zentrale der DDR als Wehrdienst apostrophiert hat. Um es klar
zu sagen: Nicht jeder, der dem Mielke-Apparat zu Diensten war, hat
deshalb für alle Ewigkeit seinen Anspruch verwirkt, in unserer
Demokratie ein politisches Amt zu bekleiden. Dazu waren auch die
Lebensumstände in der DDR zu differenziert. Erschütternd ist jedoch
eine latente Verharmlosung ihres Unterdrückungssystems, die bei der
schweigenden Mehrheit in Dresden zu spüren war. Der Kandidat für den
Schatzmeisterposten wollte oder konnte keine konkreten Auskünfte über
seine frühere Tätigkeit geben. Mehr als zwei Drittel der anwesenden
Delegierten wählten ihn trotzdem – oder gerade deshalb. Das ist der
eigentliche Eklat von Dresden. Das Verhältnis zwischen PDS und WASG
wird dadurch ohne Zweifel belastet. Die Verantwortung trägt ein
unbekümmert agierender Vorstand unter Linksparteichef Lothar Bisky,
der auf fatale Weise versagt hat. Dabei ist der Weg zur Fusion schon
genug mit Problemen gepflastert. Bei einer großen Koalition aus Union
und SPD tut sich zwar viel Platz im linken Raum auf. Doch ob das
linke Projekt bloße Sozialstaats- oder Anti-Kapitalismus-Partei
werden soll, ist zwischen den Akteuren genauso umstritten wie die
Frage des Mitregierens oder Opponierens. Auch wenn am Ende
tatsächlich eine Vereinigung stehen wird, so muss das linke Projekt
deshalb nicht automatisch im Westen Fuß fassen. Ein Fingerzeig werden
die nächsten Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und
2007 in Bremen sein. Bevor die Linkspartei so weit in die Zukunft
blickt, sollte sie sich aber besser mit ihrer Vergangenheit
auseinander setzen.
ots-Originaltext: Lausitzer Rundschau

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