Lausitzer Rundschau: Lausitzer Rundschau: Europa sucht eine Antwort im Atomkonflikt mit dem Iran
Muskelspiel
Cottbus (ots)
Frank-Walter Steinmeier hat sich weit vorgewagt, als er warnte, mit der Entfernung der Siegel von Atomanlagen habe Teheran eine Linie überschritten, von der die Iraner wussten, dass sie nicht ohne Folgen bleiben werde. Welche, wird heute der deutsche Außenminister mit seinen Amtskollegen aus Paris und London im EU-Auftrag beraten. Europa setzt sich damit selbst unter Druck und wird neue Wege der Einflussnahme suchen müssen. Denn auch der Iran hat das Recht auf eine zivile Nutzung der Atomtechnologie. Aber gerade an diesen friedlichen Absichten nährt das erdölreiche Land immer wieder Zweifel, da es mehrfach und trotz laufender Gespräche geltende Verträge gebrochen hat. Der letzte in dieser Reihe von Verstößen ist die Entfernung der Siegel an den Forschungsanlagen in Natans, wo die für den Atomwaffenbau entscheidende Urananreicherung vollzogen werden kann. Der Iran plant dies nach eigenen Angaben bis zu einem Grad von 3,5 Prozent. Für Atomkraftwerke reicht das, für den Bau einer Bombe wäre eine Anreicherung auf über 90 Prozent nötig. Gerade der vertraglich besiegelte Verzicht auf Anreicherung von Uran war aber Grundlage der jüngsten Gespräche der EU mit dem Iran. Diese Basis fehlt nun und die Außenminister stehen vor der schwierigen Entscheidung, wie sie dem verbalen Muskelspiel nun Taten folgen lassen. Die bislang zumindest deeskalierende, vielleicht auch eine notwendige Entscheidung nur hinauszögernde Politik der Verhandlungen scheint gescheitert. Was sind aber die Alternativen? Das in Israel und den USA bereits durchgespielte Szenario gezielter Militärschläge gegen die iranischen Atomanlagen ist wenig Erfolg versprechend, weil diese im Lande weit verteilt und teilweise unterirdisch gelegen sind. Eine Invasion würde der ohnehin mit Krisenherden übersäten Region einen weiteren hinzufügen. Auch ist bei einem militärischen Konflikt eine direkte Gefahr für Europa angesichts des iranischen Militärpotenzials nicht auszuschließen. Selbst die von den USA und Großbritannien jetzt erneut erwogene Einschaltung des UN-Sicherheitsrats ist nicht ohne Risiko. Zum einen weil der Rat in der Regel Resolutionen mit Sanktionen verknüpft wollen wir wirklich auf iranisches Erdöl verzichten? Zum anderen blockierten in der Vergangenheit die Veto-Mächte Russland und China aus eigenen Interessen entsprechende Resolutionen. Gleichwohl scheinen gerade diese zwei Länder die Kanäle zu sein, über die eine Lösung des Konflikts auf friedlichem Weg noch möglich ist. Der Kreml verhandelte bis vor Kurzem noch wenn auch vorerst erfolglos mit Teheran über eine Konfliktlösung. Moskau und selbst Peking sowie die drei anderen Veto-Mächte haben nun in getrennten Schreiben den Iran aufgefordert, seine mit der Entsiegelung der Anlagen in Natans begonnenen Aktivitäten zu stoppen. Im Atomstreit um Nordkorea agiert das Reich der Mitte bereits seit Langem als engagierter Vermittler. Fast allein gegen den Rest der Welt diese Machtprobe kann selbst der an Erdöl reiche und von religiösem Sendungsbewusstsein beseelte Mullah-Staat nicht gewinnen.
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