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Lausitzer Rundschau: Zu Guben/von Hagens/Ansiedlung: Das Prinzip Hoffnung

Cottbus (ots)

Die Lausitzer Rundschau, Cottbus, zu Guben/von
Hagens/Ansiedlung:
Gunther von Hagens hat nichts dem Zufall überlassen. Sein Auftritt
in Guben am Montagabend war perfekt inszeniert. Diashow, ein
plastinierter Gorilla, ein kostenloser Bildband für jeden Besucher
und ein Moderator, der dafür sorgte, dass die Diskussion nicht eine
unerwünschte Richtung einschlug. Dazu ein paar eingeladene
Körperspender, die mit ihrer persönlichen Entscheidung zusätzlich gut
Wetter machen konnten für den Heidelberger. Der tat gerade so, als
müsse er mit seiner Körperwelten-Ausstellung als einsamer Streiter
einer breiten Öffentlichkeit den Zugang zu wissenschaftlicher Bildung
frei- kämpfen. Haben sie es nicht eine Nummer kleiner, hätte man ihm
gern zugerufen, denn vielen Gubenern erscheint er offensichtlich
ohnehin wie eine Lichtgestalt in dunkler Nacht. Für sie bringt er
mit, was Guben fehlt: Geld, öffentliche Aufmerksamkeit und vor allem
das Versprechen, Arbeit zu schaffen. Wer verzweifelt ist, glaubt, was
er glauben will, und stellt nicht viele Fragen. Das ist in Guben, wo
sehr viele Menschen seit Jahren ohne Beschäftigung sind, nicht anders
als in anderen Orten mit ähnlich hoher Arbeitslosenquote. Da wird
nicht darüber nachgedacht, wie viele Arbeitsplätze wirklich für Leute
aus dem eigenen Ort entstehen könnten, warum von Hagens nach seinem
Rückzug aus Polen unbedingt so nahe an der Grenze bleiben will. Leere
Fabrikgebäude, die fast verschenkt werden, gibt es überall in
Ostdeutschland. Die Mehrheit der Gubener ist offensichtlich auch
nicht bereit, angesichts der wirtschaftlichen Not über ethische
Grenzen und Tabus zu diskutieren. Oder darüber, warum es bestimmte
Traditionen im Umgang mit Verstorbenen in Mitteleuropa gibt. Wer
damit kommt, redet in Guben gegen den Wind. Das kann man bedauern
oder nicht. Es schafft jedenfalls Klarheit. Ein großer Teil der
Gubener rollt dem Plastinator in ihrer Stadt geradezu einen roten
Teppich aus. Die Stadtverordneten werden sich dieser Stimmung kaum
verschließen können, wenn sie nicht Proteste vor dem Rathaus
riskieren wollen. Und von Hagens? Der kann sich freuen, denn er muss
sich nicht festlegen. Nicht dazu, wie viele Jobs wirklich entstehen
und wie viele davon mit Gubenern besetzt werden. Ob es auch gut
bezahlte Arbeitsplätze sein werden oder nur Hilfsarbeiten mit einem
Lohn wenig oberhalb von Arbeitslosengeld II. Alles ungewiss. Alles
Hoffnung.
ots-Originaltext: Lausitzer Rundschau

Rückfragen bitte an:

Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481231
Fax: 0355/481247
Email: lr@lr-online.de

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