Lausitzer Rundschau: Die Lausitzer Rundschau Cottbus zum weiteren Umgang mit den Stasiakten: Lebendige Vergangenheit
Cottbus (ots)
Mord und Totschlag wurden prophezeit und eine tiefe Spaltung der ostdeutschen Gesellschaft, als nach dem Ende der DDR die Akten des Staatssicherheitsdienstes unter klaren Regeln geöffnet wurden. Die Unterlagen, so wurde gewarnt, würden als politisches Instrument benutzt, um flächendeckend Ostdeutsche aus leitenden Funktionen zu verdrängen. Heute steht fest, dass sie sich nicht bewahrheitet haben. Tausende Opfer des DDR-Geheimdienstes haben ihre Akten gelesen und mussten oft bittere Geschichten von Verrat durch Freunde, Kollegen, sogar Verwandte verkraften. Rache an den Zuträgern des Spitzelsystems hat keiner von ihnen geübt. Auch im öffentlichen Dienst wurden die Ergebnisse der Überprüfung von Mitarbeitern mit Augenmaß und Einzelfallprüfungen verwertet. In der Verwaltung Sachsens hatte nur jeder zweite Hinweis auf eine Zuträgerschaft personalrechtliche Konsequenzen. Von einer Hetzjagd kann angesichts dieser Zahlen keine Rede sein. Dass die Regelüberprüfung im öffentlichen Dienst in diesem Jahr zu Ende geht, ist trotzdem ein richtiger Schritt. Wer jetzt noch in leitender Funktion in einer Amtsstube sitzt, ist überprüft. Wer neu eingestellt wird, ist in der Regel zu jung, um für die Stasi gearbeitet zu haben. Für besondere Einzelfälle muss jedoch auch künftig eine sachliche Klärung der Vergangenheit möglich sein. Politiker, bekannte Moderatoren oder Trainer können immer wieder unter Spitzelverdacht geraten. Diesen nicht aus der Welt schaffen zu können, wäre auch den Betroffenen nicht zuzumuten. Die Aussichten, dass der Bundestag bis zum Jahresende dafür eine pragmatische Lösung findet, sind gut. Die hohe Emotionalität ist aus dem Thema längst raus. Die bisherigen Erfahrungen im Umgang mit den Akten machen deutlich, was noch zu regeln ist. Wer an einen endgültigen Schlussstrich denkt, dem sei ein Gespräch mit Leuten empfohlen, die jetzt noch Anträge auf Einsicht in ihre eigenen Akten stellen. Die gleichbleibend hohe Zahl dieser Menschen zeigt, wie lebendig die Vergangenheit noch ist.
Die Lausitzer Rundschau Cottbus zur Abstimmung der Linkspartei gegen Alg-II-Angleichung:
Die vermeintlichen Rächer des Ostens stecken ziemlich in der Klemme: Über Monate hatte die Linkspartei für eine Angleichung des Arbeitslosengeldes II auf Westniveau getrommelt. Doch als es jetzt im Bundestag zum Schwur kam, stimmten Gysi, Lafontaine&Co. dagegen. Wer soll das begreifen? Sicher, im gleichen Gesetz wird auch die Absenkung der staatlichen Bezüge für Erwerbslose unter 25 geregelt. Doch eine schlüssige Erklärung für die linkssozialistische Verweigerungshaltung ist das mitnichten. Warum sollte ein 17-jähriger Betroffener im Haushalt der Eltern weniger Arbeitslosengeld II bekommen als ein 18-jähriger, der ebenfalls mit Mutter und Vater unter einem Dach lebt? Und warum soll der Staat die Kosten tragen, wenn ein junger Arbeitsloser ohne Not von daheim auszieht? An dieser Stelle war das Gesetz von Anfang an falsch gestrickt. Das galt übrigens auch für die unterschiedliche Höhe des Arbeitslosengeldes II in Ost und West. Nun werden die Fehler endlich beseitigt. Der Linkspartei geht es aber offenbar nur um Populismus. Davon zeugt auch ihr (abgelehnter) Antrag, das Arbeitslosengeld II im Osten rückwirkend zum 1. Januar 2005 an das Niveau der alten Länder anzugleichen. Man stelle sich nur den bürokratischen Aufwand vor: Für Millionen Leistungsbezieher müsste der Anspruch rückwirkend neu berechnet werden. Besonders skurril wird es bei Leuten, die inzwischen wieder einen Job gefunden haben. Auf der anderen Seite wären die Linksaktivisten die ersten, die sich über eine mangelnde Vermittlung in Arbeit beklagen, weil der Amtsschimmel mit zu viel Papierkram beschäftigt ist. Politische Glaubwürdigkeit sieht anders aus.
ots-Originaltext: Lausitzer Rundschau
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