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Lausitzer Rundschau: Die Lausitzer Rundschau Cottbus zu Platzecks Rücktritt vom SPD-Vorsitz: Von Schock zu Schock

Cottbus (ots)

Nur der Zufall entschied im Herbst für Matthias
Platzeck und gegen Kurt Beck als neuen SPD-Chef. Beck hätte nach 
Münteferings Abgang den ersten Zugriff gehabt, hatte aber gerade eine
Landtagswahl vor sich. Spätestens die gestrige Rücktrittserklärung 
von Matthias Platzeck dürfte auch dem letzten Sozialdemokraten klar 
gemacht haben, was für einen Hoffnungsträger sie da unversehens 
bekommen hatten, welch eine Chance auch für 2009. Sicher, Platzeck 
konnte den Beweis seiner Führungskraft in 146 Tagen Amtszeit noch 
nicht wirklich führen. Aber es blitzte doch etwas auf: ein anderer 
Politikertyp, offen, ehrlich, den Menschen zugewandt. Kein 
Parteikarrierist, kein Intrigant, kein Spieler. Eine Alternative.
Vorbei, schon wieder vorbei. Ein Vorsitzender ist Symbol und 
Leitfigur einer Partei. Zum achten Mal in nur 20 Jahren müssen sich 
die 600 000 Sozialdemokraten im Land komplett umorientieren. Seit' an
Seit' schreiten sie von Schock zu Schock. Mühsam hatten sie sich an 
Schröder gewöhnt. Nun blicken viele wegen der neuen Jobs des 
Ex-Kanzlers fast schon mit beginnender Scham auf diese 
Identifikation. Müntefering erschien dann als zeitgemäße Rückkehr zu 
den sozialen Ursprüngen der Partei, bis er sich als Führungs-Autist 
entpuppte. Immer neue Versuche, immer neues Scheitern. Und nun kommt 
zum Schaden noch Pech dazu, die Krankheit. Im Nachhinein muss man 
sagen: So anfällig wie Platzeck offenbar konstituiert ist, hätte er 
das Amt gar nicht übernehmen sollen.
Vordergründig, weil es vor 150 Tagen nur eine Zufallsentscheidung 
war, bedeutet Kurt Becks Berufung keine Zäsur. Das zeigt sich auch an
Becks ersten, klugen Entscheidungen, Platzecks Personal, den 
Generalsekretär und den Bundesgeschäftsführer, im Amt zu belassen. 
Beck ist nicht weniger volksnah, nicht weniger ehrlich als Platzeck. 
Er steht wie dieser vorbehaltlos zur großen Koalition, die also 
nichts zu befürchten hat.
Angela Merkels Union läuft wie eine gut geölte Maschine; die SPD 
erleidet Tiefschlag auf Tiefschlag. Gestern noch führende 
Regierungspartei, heute bloß ein Juniorpartner, der kein Profil 
findet. Gestern noch viele Gewissheiten, heute Neuorientierung auf 
fast allen Feldern der Politik. Und eine ausgedünnte Spitze. Die 
Partei bräuchte einen Hoffnungsträger mit Perspektive für 2009. 
Einen, der ihr das Gefühl gibt, aus dieser Situation wieder 
herauszukommen. Becks Strahlkraft aber ist jenseits der 
rheinland-pfälzischen Grenzen gering, sein Neuigkeitswert 
überschaubar. Das spannende Duell Merkel - Platzeck, die Entscheidung
zwischen zwei jungen, ostdeutschen Pragmatikern, fällt 2009 aus.
Neben allem anderen wird die SPD auch noch eine 
Kanzlerkandidaten-Debatte bekommen. Sie wird weitere Kräfte binden. 
Angela Merkel hat Platzecks Rücktritt gestern mit ehrlichem Bedauern 
und Respekt kommentiert. Es dürfte ihr nicht sehr schwer gefallen 
sein.

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