Lausitzer Rundschau: Zu Große Koalition/Kompromisse/Kritik: Der Missmut wächst
Cottbus (ots)
Die Lausitzer Rundschau, Cottbus, zu Große Koalition/Kompromisse/Kritik: Die Bundesregierung spielt wie die Nationalmannschaft von damals, nicht wie die von Klinsmann. Quer- und Rückpässe, kein Offensivdrang. Die Wirtschaft bemängelt, dass hier zu Null gespielt werden solle, der Bundespräsident fordert mehr Reformdrang - und ein prominenter Akteur aus der SPD-Fraktion zeigt ihm dafür mit dem Wort Besserwisser einen verbalen Stinkefinger. Angela Merkel wird mit ihrem staunendem Mund zur Fan-Ikone dieser WM, aber der Missmut wächst. Die Umfragewerte der Union sinken hinab in jenen Keller, in dem die SPD schon ist. Immer deutlicher wird den Menschen, dass diese große Koalition keine Koalition des Aufbruchs ist und kein gemeinsames politisches Projekt. Wenn sie es noch werden will, muss viel geschehen. Bisher ist sie eine Notgemeinschaft der beiden größten Konkurrenten. Die Mehrwertsteuererhöhung war ein Eigentor. Die Gesundheitsreform kann ein zweites Eigentor werden, wenn es bei dem bleibt, was sich abzeichnet: Ein drastischer Griff in die Portemonnaies der Versicherten. Mehr Geld in ein System, das zwar gut, aber ineffizient ist. Ein System, das für die Versicherten immer teurer wird, auch, weil sich einige eine goldene Nase verdienen: Arzneimittelhersteller, Chefärzte, Kassenbosse. Dynamik, Wettbewerb, Eigenverantwortung müssten bei der Gesundheitsreform wie bei anderen Vorhaben die Leitideen des Spiels lauten, aber es gibt zu viele Lobbyisten in den eigenen Reihen dieser Regierung. Dem Spiel fehlt es eindeutig an Führung, an der Bereitschaft zum Risiko. Man kann sie nicht allein von der Kanzlerin verlangen, jedoch auch von ihr. Sie ist bisher kein Risiko eingegangen, sondern hat moderiert. Auch beim Antidiskriminierungsgesetz. Wenigstens die Kanzlerin hätte sagen können: Mit mir nicht. Sie wartete ab. Bis die CSU in der entscheidenden Koalitionsrunde schließlich eine Paketlösung vorschlug, ein Koppelgeschäft, wie es auf Basaren üblich ist: Wir kriegen eine höhere Vorsteuerpauschale für die Landwirtschaft und stimmen diesem Gesetz dann zu. Merkel, froh, den Konflikt mit der SPD so leicht beendet zu haben, willigte ein. Jetzt belehrt sie die Kritiker, dass dieses Gesetz doch nicht so wichtig sei, um deshalb gleich die ganze Regierung madig zu machen. Es ist aber doch wichtig, weil der Verdacht besteht, ein solcher Vorgang könne sich wiederholen oder gar zum System werden: Dass immer eine Politik des kleinsten gemeinsamen Nenners formuliert wird und eine Politik zulasten Dritter, der Steuerzahler, der Versicherten, der Wirtschaft. Den Beweis des Gegenteils muss diese Regierung noch antreten - bei der Gesundheitsreform.
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