Lausitzer Rundschau: Die Lausitzer Rundschau Cottbus zur Vertriebenenausstellung und deutsch-polnischen Beziehungen: So nicht!
Cottbus (ots)
Das deutsch-polnische Verhältnis ist für Europa zu bedeutsam, als dass es nur eine deutsch-polnische Angelegenheit wäre. Aber was jetzt die Vertriebenenlobby ganz geschickt an Europäisierung der eigenen Angelegenheiten versucht, ist ein zu billiger Umweg zur Beförderung der eigenen Interessen. Die aber sind weder gleichzusetzen mit dem, was Deutsche und Polen zu guten Nachbarn werden lassen könnte, noch spiegeln sie die ganze Geschichte derer wieder, die als Deutsche am Ende des Zweiten Weltkrieges ihre Heimat verloren. Es kann die leidvolle, ganz besondere Geschichte zwischen Deutschen und Polen nicht einfach aufgehen in einem Europa, das im 20. Jahrhundert auf vielfältige Weise und zu unterschiedlichen Zeiten gequält wurde von der Zwangsumsiedlung ethnischer Minderheiten. Die deutschen Heimatvertriebenen würden demnach den Opferplatz in der Geschichte beanspruchen wie viele andere auch. Und die Polen wären Täter wie eben auch die Deutschen zuvor und wie andere auch. Das, so die Lesart der Initiatoren der Ausstellung und der Förderer des geplanten Zentrums, wäre dann die Basis der Versöhnung. Und ihr wichtigster Ort soll in der deutschen Hauptstadt, in Berlin, sein. Damit aber wird Polen sich nicht abfinden können. Nach der deutschen Besatzung, nach dem Völkermord Hitlers, nach der von Stalin erzwungenen Westverschiebung seiner Grenzen ist dieses Land nicht bereit für solch eine Art der Aufrechnung. Es wird sich - dies zeigen die Reaktionen auf die derzeitige Ausstellung in Berlin - einem derartigen Ansinnen aus gutem Grunde und einhellig verweigern. Diese Weigerung ist nicht etwa eine Marotte der gegenwärtig in Polen regierenden Nationalkonservativen. Sie zieht sich unterschiedlich deutlich artikuliert durch alle Lager der polnischen Politik. Und sie kann verstanden werden, wenn man sich vertraut macht mit der Maßlosigkeit der Verbrechen, die von Deutschen auf polnischem Boden verübt wurden und an die im übrigen mit Ausnahme des Holocaust-Denkmals nirgendwo erinnert wird in der deutschen Hauptstadt. Polen müssen und können die Vertreibung der Deutschen nur als Antwort begreifen auf den Versuch, das eigene Volk zu versklaven und seiner Identität zu berauben. Diese verständliche Sicht der Dinge zu akzeptieren, ist notwendigerweise der erste Schritt zur Versöhnung. Dann aber darf es keinen Ort der Erinnerung geben, der die polnischen Empfindungen so tiefgehend verletzt. Dem Leid der Deutschen, die millionenfach ihre Heimat verloren, werden wir nur dann wirklich gerecht, wenn wir den Polen ihrerseits nicht die Möglichkeit verwehren, ihr Mitgefühl, ihre Anteilnahme zu bekunden. Die Ausstellung der Vertriebenen in Berlin ist eine Sackgasse. Die Idee der Parlamentspräsidenten, sich in absehbarer Zeit in Kreisau, einem der Zentren des deutschen Widerstandes gegen Hitler, zusammenzusetzen und gemeinsam nachzudenken, ist der richtige Weg. Dort wäre sicher auch der richtige Ort für ein gemeinsames Erinnern.
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