Lausitzer Rundschau: Von Hagens lädt Soldaten ins Plastinarium ein Bündnis für Gevatter Tod
Cottbus (ots)
Die Bundeswehr sieht sich zunehmend unter Druck, nachdem Bilder ihrer Afghanistan-Soldaten aufgetaucht sind, auf denen diese fürs Foto-Album mit Totenschädeln posieren. Weil das in einem fremden Land, das Deutsche schützen sollen, weit über einen makaberen Scherz hinausgeht, ist sie bemüht zu erklären, dass wir es hier mit stressbedingten Entgleisungen Einzelner zu tun haben. Die seien nicht hinnehmbar und strafwürdig. In dieser Situation hätte sich der Bundeswehr kein schlechterer Fürsprecher als ausgerechnet der Show-Anatom Gunther von Hagens anbieten können. Mit seinem Hinweis, Medizinstudenten täten nichts anderes, wenn sie zum Spaß dem Anschauungsskelett im Hörsaal eine Zigarette zwischen die Zähne klemmen, kehrt von Hagens die allgemeine Empörung über die Vorfälle in Afghanistan, die er für überzogen hält, um ins andere, ebenfalls stark überzogene Extrem - in ein kollektives Schulterklopfen nämlich. Anders kann man den von ihm erklärten freien Eintritt für alle Bundeswehrsoldaten in sein Gubener Plastinarium (es öffnet am 17. November) kaum verstehen. Für ihn sind jene Soldaten, die jetzt in der Kritik stehen, die eigentlich Betroffenen, weil ihre privaten und heimlichen Fotos ohne ihr Einverständnis veröffentlicht worden sind. Dabei hätten sie die Schädelfotos doch nur zur Selbstbesinnung, zur Begegnung mit der eigenen existenziellen Angst, zur Aufarbeitung beim Gedankenaustausch mit Freunden gebraucht, meint von Hagens. Da unseren Jungs das in Afghanistan aber verwehrt bleiben soll, bietet er ihnen nun Skelette in seinem Plastinarium zum Foto-Shooting an. Sehr mitfühlend. Und wie immer sehr publikumswirksam für von Hagens eigenes Anliegen. Indem er jene Bilder aus Afghanistan verharmlost und wie ein verständnisvoller Priester Generalabsolution verspricht, sucht er - diesmal unter Bundeswehrangehörigen, deren Familien und Freunden - Verbündete. Gleichgesinnte, die bereit sind, mit ihm die Hemmschwelle zur öffentlichen Leichen-Schau zu übertreten, wie er sie seit Jahren in seinen Körperwelten-Ausstellungen und nun auch in Guben praktiziert. Das ist allzu billig und durchschaubar und schadet dem Image vom ernsthaften Wissenschaftler, um das sich von Hagens sonst so sehr bemüht. Am Ende ist er vielleicht doch nur ein geschäftstüchtiger Schausteller, der einen Pakt mit dem Tod geschlossen hat.
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