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Lausitzer Rundschau: Die CDU und die Angst der Wähler Keine neue Balance

Cottbus (ots)

Nach dem Parteitag in Dresden ist zu fragen: Was
hat er dem Land gebracht? Oder wenigstens der CDU? Angela Merkel ist 
als Kanzlerin gefeiert und als Vorsitzende gestärkt worden. Das 
entsprach der Logik der Situation. Die Konkurrenten hinter ihr halten
sich gegenseitig in Schach. Das schafft Ruhe. Der Unmut der Basis 
über mangelndes CDU-Profil entlud sich nicht. Das war Disziplin. In 
der Familienpolitik hat die CDU eine nachholende Modernisierung 
vollzogen. Immerhin. Beim Investivlohn hat sie sich sogar als 
Vorreiter betätigt. Bravo. Aber dafür zwei Tage?
 Es gab ein Wort, das in fast allen Redebeiträgen auftauchte, als es 
um die von Jürgen Rüttgers entfachte Richtungsdebatte zwischen 
marktwirtschaftlichen Reformen und sozialer Sicherheit ging: Angst. 
Die längst auch in den Mittelschichten verbreitete Angst vor dem 
sozialen Abstieg hat der Union mit ihrem stark wirtschaftsliberalen 
Reformkurs im Jahr 2005 bei der Bundestagswahl ein sehr schlechtes 
Ergebnis beschert. Aber die Aufarbeitung jener Wahl fand auch diesmal
nicht statt. Im Gegenteil: Es ist ein Stück aus Absurdistan, dass in 
Dresden das Wahlprogramm des Jahres 2005 in seinen bei den Wählern am
meisten abgestraften Teilen, nämlich der Wirtschaftspolitik, erneut 
bestätigt wurde. Und zwar ohne erkennbaren Sinn, nur um einen Riss 
zwischen dem sozialen Flügel um Jürgen Rüttgers und den Reformern zu 
vermeiden.
 Angela Merkel hat in ihrer Rede ihren unbedingten Reformwillen 
unterstrichen. Aber sie hat noch keine neue Balance zwischen dem 
Bedürfnis nach sozialer Sicherheit und der Notwendigkeit 
durchgreifender Veränderung gefunden. Und mit ihr hat die ganze Union
noch keine Antwort darauf entwickelt, wie den Menschen die Angst 
nicht nur verbal, sondern real genommen werden kann, wenn das 
Erwerbsleben noch stärker auf Leistungsfähigkeit getrimmt werden soll
und die Sozialsysteme noch mehr auf Eigenvorsorge. Eine solche 
Balance setzt wohl ein neues gesellschaftliches Verständnis voraus: 
Das eines Staates, der dafür sorgt, dass alle Bürger auch befähigt 
sind, in der Leistungsgesellschaft zu bestehen. Und auf der anderen 
Seite das einer Leistungsgesellschaft, die jeden Befähigten auch 
seine Leistung erbringen lässt.

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