Lausitzer Rundschau: G8-Gipfel in Heiligendamm Der Bürger als Zaungast
Cottbus (ots)
Jetzt ist das Ding also zu und wir alle werden Zaungäste. Das ist der Gipfel - nicht nur an dem abgeriegelten Ostseestrand. In Potsdam werden Schulkinder nach Hause geschickt und Badeanstalten geschlossen. Berlin wird seit Tagen abschnittsweise zwangsweise und zumeist unvorhergesehen verkehrsberuhigt. Da wird der Bürger zum Stau-, zum Staun-Gast. Begonnen hatten diese Treffen mal als lockerer Gedankenaustausch zwischen den Führern marktwirtschaftlich orientierter, einer freien Gesellschaftsordnung verpflichteten Länder. Der zwanglose, offene Dialog sollte Hilfe sein bei der Suche nach dem Gemeinsamen der Demokraten. Wer sich den Ablauf solcher Gipfel heute anschaut, könnte leicht zu dem Trugschluss gelangen, wir lebten nicht länger in einem Zeitalter, in dem das Volk der Souverän und Quelle aller staatlichen Gewalt ist. Denn in den Gipfelplänen ist das Volk bestenfalls ein Zaungast auf Distanz. Dabei kann längst nicht mehr auseinander dividiert werden, was wohlbegründete Sorge um die Unversehrtheit der anreisenden Staatsgäste ist und was lediglich getan wird, um das Bild einer heilen, störungsfreien Gipfelharmonie zu zeichnen. Und es bleibt der Verdacht, dass die Politiker nicht nur geschützt werden sollen. Ihnen soll auch jeder Umweg, jede zwar ungefährliche, aber unangenehme Konfrontation mit dem Protest erspart bleiben soll. Solch ein Verdacht aber ist Gift für ein offenes, demokratisches Gemeinwesen. Auf der Stecke droht dabei das Wissen darum zu bleiben, dass nicht etwa die Distanz zum Bürger, sondern die Nähe den auszeichnet, dem auf Zeit und Widerruf die Wahrnehmung der Geschäfte des Gemeinwesens anvertraut ist. Wenn davon aber zu viel verloren geht, geht auch etwas an der angeblich doch so wichtigen Sicherheit verloren. Während der durchschnittliche Staatsbesuch, selbst der eines amerikanischen Präsidenten wenigstens noch gewisse Alibi-Elemente an Begegnungen mit der Bevölkerung enthält, ist die bei den Achtergipfeln praktizierte Form der Abgeschiedenheit bar jeder solcher Rechtfertigung. Wenn sie dann aber in solch einem Ausmaß und so offenkundig in den Alltag von Bürgern eingreift, dann bedürfte dies auch besonderer Rechtfertigung. Heute aber sagt jeder Polizist mit der allergrößten Selbstverständlichkeit, dass da oder dort keiner durch dürfe. Wo und wann aber hat dieses Volk seinen Vertretern den Auftrag erteilt, es zum Zaungast zu machen?
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